Die Verfassungsviertelstunde ergänzt als neues Element der Politischen Bildung das Gesamtkonzept für die Politische Bildung an Bayerns Schulen.
Die Schülerinnen und Schüler setzen sich anhand aktueller und lebensnaher Beispiele mit zentralen Werten des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung auseinander, insbesondere mit den Grundrechten und den Werteprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
An den öffentlichen Schulen startet die Verfassungsviertelstunde in diesem Schuljahr 2024/2025 in den folgenden Jahrgangsstufen. Weitere Jahrgangsstufen können auf freiwilliger Basis einbezogen werden.
Schulart | Jahrgangsstufen |
Grundschule Grundschulstufe der Förderschulen | Jgst. 2 und 4 (im Falle jahrgangsstufengemischter Klassen auch in den entsprechenden Kombinationsformen) |
Mittelschule | Jgst. 6 und 8 |
Realschule | Jgst. 6 und 8 |
Wirtschaftsschule | Jgst. 6 und 8 (vierstufige WS) Jgst. 8 (dreistufige WS) |
Gymnasium | Jgst. 6, 8 und 11 |
Fachoberschule | Vorklasse und Jgst. 11 |
Berufsoberschule | Vorklasse |
weitere berufliche Schulen | alle Jgst. in der Sekundarstufe II, |
Schulen besonderer Art nach Art. 122 Abs. 1 BayEUG | Jgst. 6 und 8 |
Die Ziele und Inhalte der Verfassungsviertelstunde sind – unter Wahrung der Privatschulfreiheit – auch an den staatlich genehmigten und staatlich anerkannten Ersatzschulen in geeigneter Weise umzusetzen.
Die Verfassungsviertelstunde
- stärkt das Bewusstsein für die fundamentale Bedeutung der Verfassungswerte für das Leben des Einzelnen und das gesellschaftliche Zusammenleben sowie das Bewusstsein für die Legitimität der staatlichen Ordnung,
- fördert demokratische Grundhaltungen wie Toleranz, Gemeinsinn sowie die Fähigkeit zu Perspektivwechsel und
- leistet einen Beitrag zu einer lebendigen Verfassungskultur.
- lebendiges, offenes Konzept mit vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten
- reflektierte Auseinandersetzung mit den zentralen Verfassungswerten des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung sowie den Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
- Aufgreifen aktueller Impulse mit Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler
- Möglichkeit der Verknüpfung mit Themen der Fachlehrpläne
Die organisatorische Umsetzung der Verfassungsviertelstunde liegt grundsätzlich in der Verantwortung der einzelnen Schule. Die Rahmenvorgaben garantieren Sichtbarkeit und Regelmäßigkeit der Verfassungsviertelstunde, bieten aber auch die Flexibilität, um vor Ort auf schulartspezifische und individuelle Gegebenheiten einzugehen:
- Durchführung innerhalb der regulären Unterrichtszeit
- wöchentliches Format im Umfang von 15 Minuten
- an beruflichen Schulen bei Vollzeit- bzw. Blockbeschulung eine Verfassungsviertelstunde pro voller Schulwoche; bei durch Praxisphasen reduzierten Schulphasen entsprechend anteilig
- Durchführung im Klassenverband (Ausnahmen z. B. bei jahrgangs- bzw. klassenübergreifendem Unterricht, bei Peer-to-Peer-Ansätzen oder bei Veranstaltungen der Schulgemeinschaft)
- Einbettung in das gesamte Fächerspektrum der einzelnen Schularten; Verfassungsviertelstunde als Aufgabe aller Lehrkräfte
- Sicherstellen der Sichtbarkeit der Verfassungsviertelstunde, z. B. durch einen schriftlich fixierten Plan
- pragmatische Dokumentation der Themen der Verfassungsviertelstunde, z. B. durch ein Poster im Klassenzimmer, digitale Pinnwand (Ziele: Herstellen von Querverbindungen, Sicherung bereits besprochener Themen, Vermeidung inhaltlicher Doppelungen)
- Einbeziehen von schulischen Gremien, insbesondere des Schulforums und der SMV
- keine Leistungserhebungen und -bewertungen im Rahmen der Verfassungsviertelstunde
Bei der Umsetzung der Verfassungsviertelstunde tritt die Lehrkraft sowohl als Lehrperson als auch als Staatsbürgerin bzw. Staatbürger in Erscheinung. Zentraler Maßstab für den politisch bildenden Unterricht sind die Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses:
- Kontroversitätsprinzip: Die Lehrkräfte stellen sicher, dass alles, was in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik kontrovers diskutiert wird, sich auch im Unterricht kontrovers abbildet.
- Überwältigungsverbot: Bei der Urteilsbildung der Schülerinnen und Schüler ist es nicht zulässig, diese im Sinne erwünschter Meinungen zu beeinflussen.
- Schülerorientierung: Die Schülerinnen und Schüler sollen auf altersgerechte Weise dazu befähigt werden, politische Konstellationen und ihre eigenen Interessenlagen zu analysieren sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, am politischen Geschehen teilzuhaben.
Aktualitätsprinzip: Im Zentrum der Verfassungsviertelstunde steht neben der Schülerorientierung insbesondere die multiperspektivische Auseinandersetzung mit realen und aktuellen politischen Fragestellungen und Anlässen, die einen Bezug zur Lebenswelt, zu den Interessen sowie zu den Erfahrungen der Schülerinnen und Schülern ermöglichen.
Neutralitätspflicht der Lehrkräfte: Unabhängig von persönlichen politischen Überzeugungen sind Lehrkräfte an die rechtlichen Vorgaben zur politischen Neutralität im Unterricht gebunden. Jede Form der politischen Werbung ist an bayerischen öffentlichen Schulen verboten (vgl. Art. 84 BayEUG). Lehrkräfte sind verpflichtet, sich parteipolitisch neutral zu verhalten, zugleich aber auch dazu angehalten, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhalt einzutreten (vgl. Art. 96 BV, § 33 Abs.1 BeamtStG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L). Das beinhaltet ausdrücklich eine kritische Positionierung zu extremistischen Positionen jedweder Art. Zum Erziehungsauftrag an allen bayerischen Schulen gehört es, die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler zum Einsatz für den freiheitlich-demokratischen, föderalen und sozialen Rechtsstaat sowie zu seiner Verteidigung nach innen und außen zu fördern (vgl. Art. 2 Abs. 1 BayEUG).
Das Staatsministerium unterstützt die Lehrkräfte bei der Gestaltung der Verfassungsviertelstunde mit einem breiten Angebot an konkreten Umsetzungsvorschlägen, Materialien und Fortbildungsangeboten.
Das ISB hat dazu einen eigenen Bereich auf dem ISB-Portal für Politische Bildung zur Verfügung gestellt. Dieser wird fortlaufend aktualisiert.
Auch das begleitende zentrale Fortbildungsangebot der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) liefert wertvollen Input zur Verfassungsviertelstunde.
Es bietet sich zudem an, die vielfältige Expertise vor Ort im Bereich der Demokratieerziehung (z. B. in den Fachschaften der Leitfächer der Politischen Bildung, in einschlägigen AGs, von Eltern, externen Partnerinnen und Partnern etc.) in schulinterne Fortbildungen einfließen zu lassen und so die Gestaltung der Verfassungsviertelstunde vor Ort auch als Chance zur Weiterentwicklung einer demokratischen Schulkultur zu nutzen.
Liebe Schülerinnen und Schüler, unser Grundgesetz beginnt mit einem ganz großartigen Versprechen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Ganz egal, wer du bist und woher du kommst: Du bist wertvoll – ganz einfach, weil Du ein Mensch bist.
Und diese Würde kann Dir keiner nehmen!
Dieses Versprechen aus Artikel 1 ist ein guter Kompass, wenn wir auf Entdeckungsreise durch unser Grundgesetz gehen.
Denn aus der Menschenwürde ergeben sich auch unsere Grundrechte, zum Beispiel das Recht auf Leben, Freiheit oder die Gleichheit vor dem Gesetz.
Unser Grundgesetz formuliert Werte, mit denen wir uns jeden Tag begegnen wollen.
Werte wie Respekt, Toleranz und Mitgefühl.
Und in der Schule üben wir diese Werte jeden Tag ein, für ein gutes und ein würdiges Miteinander.
Und was bedeutet Menschenwürde für Euch?
Mit der Verfassungsviertelstunde wird ein neues Element der Politischen Bildung an den Schulen eingeführt, in dem sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte gezielt mit den zentralen Verfassungswerten des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung auseinandersetzen.
Die Verfassungsviertelstunde bietet einen Freiraum für den Austausch der Schülerinnen und Schüler zu aktuellen Ereignissen und über die Bedeutung unserer Verfassungswerte.
Inhalte sind v. a.
- die zentralen Verfassungswerte des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung, insbesondere die Grundrechte in den Artikeln 1 bis 19 des Grundgesetzes und
- die freiheitlich-demokratische Grundordnung als Kernbestand unseres demokratischen Systems.
Dabei ist es z. B. möglich, ausgehend von einem aktuellen Thema oder einem Lehrplaninhalt einen Verfassungsbezug oder ausgehend von einem konkreten Verfassungsartikel einen Lebensweltbezug herzustellen. Beispiele sind hier zusammengestellt.
Durch ihren Lebensweltbezug und die Aktualität der Themen schafft die Verfassungsviertelstunde einen wertvollen Erfahrungsraum, in dem sich Schülerinnen und Schüler wahrgenommen fühlen und ihren Anliegen Gehör geschenkt werden soll.
Nein. Die Verfassungsviertelstunde bietet Freiräume für aktuelle Themen und Interessen der Schülerinnen und Schüler.
Die Verknüpfung mit Themen der Fachlehrpläne und der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ist ausdrücklich erwünscht.
Politische Bildung ist
- als fächerübergreifendes Bildungs- und Erziehungsziel grundlegend für den Unterricht in allen Fächern,
- als selbständiger Unterrichtsgegenstand fest in den Fachlehrplänen der Leitfächer der Politischen Bildung verankert und
- im Rahmen einer demokratischen Schulkultur in den Einrichtungen zur Mitgestaltung des schulischen Lebens und in der Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern wirksam.
Das Gesamtkonzept für die Politische Bildung an bayerischen Schulen (KMBek vom 16. August2017) gibt allen Schulen und Lehrkräften in Bayern den verbindlichen Rahmen für die schulische Umsetzung politischer Bildungsarbeit vor – mit einem ganzheitlichen Ansatz, der vielfältige Zugänge ermöglicht.
Die Verfassungsviertelstunde ergänzt die bestehenden Maßnahmen der Politischen Bildung an Bayerns Schulen um ein weiteres Element.
Die Verfassungsviertelstunde findet in der Regel einmal wöchentlich innerhalb der regulären Unterrichtszeit statt.
Die organisatorische Umsetzung erfolgt durch die einzelne Schule.
Das Rahmenkonzept ermöglicht eine flexible Gestaltung vor Ort unter Berücksichtigung der Vorgaben zur Regelmäßigkeit und Sichtbarkeit der Verfassungsviertelstunde.
Die Verfassungsviertelstunde findet prinzipiell in allen Fächern statt. Als Element der Politischen Bildung ist sie Auftrag aller Lehrkräfte
Nein. In der Verfassungsviertelstunde finden weder Leistungsnachweise noch Leistungsbewertungen statt.
Es ist aber möglich, die Beteiligung im positiven Sinn im Zeugnis zu würdigen.
Demokratiebildung beginnt bereits in der Grundschule. Das zeigt z. B. der Schulversuch „Mitdenken! Mitreden! Mitgestalten“ zur SMV an Grundschulen, der die Teilhabe von Schülerinnen und Schülern bei der Gestaltung von Unterricht und Schulleben fördern soll.
Wertebildung, um die es bei der Verfassungsviertelstunde geht, hat in der Grundschule ihren festen Platz. Hier spielen v. a. Aspekte der Demokratie im Nahraum und im schulischen Miteinander eine Rolle.
Umsetzung an Schularten mit Klassenlehrerprinzip (z. B. Grundschule, Mittelschule, Förderschulen): Die Klassenlehrerin bzw. der Klassenlehrer koordiniert und gestaltet die Verfassungsviertelstunde in Zusammenarbeit mit den anderen Lehrkräften.
Umsetzung an Schularten mit Fachlehrerprinzip (z. B. Realschule, Wirtschaftsschule, Gymnasium): Die Klassenleitung organisiert – sofern nicht eine andere verantwortliche Person oder Personengruppe benannt wird – die Verfassungsviertelstunde zu Beginn des Schuljahres in Absprache mit dem Klassenteam. Die einzelnen Verfassungsviertelstunden werden dabei so aufgeteilt, dass möglichst alle Fächer entsprechend ihrer Stundenzahl berücksichtigt werden.
Ja. Die Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an der Auswahl der Themen und an der Gestaltung der Verfassungsviertelstunde ist ausdrücklich erwünscht.
Das Rahmenkonzept sieht vor, dass die Verfassungsviertelstunde in Absprache mit den schulischen Gremien, v. a. der SMV und dem Schulforum gestaltet wird.
Die Schulen sind dazu aufgefordert, die Gestaltung der Verfassungsviertelstunde als Chance zur Weiterentwicklung einer demokratischen Schulkultur zu nutzen.
Alle Lehrkräfte durchlaufen im Rahmen des Referendariats in Bayern den Ausbildungsgang „Grundfragen der staatsbürgerlichen Bildung“, in dem sie u.a. mit den Grundsätzen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vertraut gemacht und darauf vorbereitet werden, an der Politischen Bildung der Schülerinnen und Schüler mitzuwirken.
Dabei werden den Lehrkräften u. a. die Prinzipien des politisch bildenden Unterrichts wie etwa der Beutelsbacher Konsens nahegebracht.
Durch die Möglichkeit der Anbindung der Verfassungsviertelstunde an die eigenen Fächer können Lehrkräfte die Verfassungsviertelstunde mit ihrer fachlichen Expertise durchführen.
Die Einführung der Verfassungsviertelstunde wird mit einem eigenen Fortbildungsangebot an der Akademie für Lehrerfortbildung (ALP) in Dillingen begleitet.
Geeignetes Material zur Umsetzung wird derzeit und auch in den kommenden Schuljahren sukzessive erarbeitet und ab Beginn des Schuljahres 2024/2025 in einem eigenen Bereich auf dem ISB-Portal für Politische Bildung zur Verfügung gestellt.
Hierzu zählen insbesondere
- exemplarische Umsetzungsbeispiele und Impulse für einzelne Altersstufen,
- die Aufarbeitung geeigneter Inhalte und Themenbereiche für die Verfassungsviertelstunde,
- die Vorstellung geeigneter (auch schulartspezifischer) Methoden und Materialien (z. B. in der Grundschule die Arbeit mit dem „Wertereisekoffer“),
- die Identifizierung von Lernbereichen in den Fachlehrplänen, an die sich die Verfassungsviertelstunde gut anbinden lässt,
- Möglichkeiten zur Dokumentation der Verfassungsviertelstunde sowie
- Anregungen vielfältiger Partnerinnen und Partner aus dem Bereich der Wertebildung und Demokratieerziehung.
Die Lehrkräfte sind in der Verfassungsviertelstunde an die rechtlichen Vorgaben zur parteipolitischen Neutralität im Unterricht sowie zur Wahrung politischer Zurückhaltung gebunden. Jede Form der politischen Werbung ist an bayerischen öffentlichen Schulen verboten (vgl. Art. 84 BayEUG).
Zugleich sind Lehrkräfte dazu verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhalt einzutreten.
Grundlegend für den politisch bildenden Unterricht ist der sogenannte „Beutelsbacher Konsens“ mit seinen drei Grundsätzen. Dieser findet sich auch im Gesamtkonzept für die Politische Bildung an bayerischen Schulen ( KMBek vom 16. August 2017 )wieder, das einen verbindlichen Rahmen für die Umsetzung der Politischen Bildung an den Schulen setzt.
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Stand: 03. September 2024