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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16
Mein Kampf
in Lehrplänen und Schulbüchern
Mein Kampf
in Lehrplänen
und Schulbüchern
Welche Rolle spielt
Mein Kampf
in der Schule?
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Diese
Frage ist allgemein schwer zu beantworten, da eine Erfas-
sung dessen, was tatsächlich in den einzelnen Klassenzim-
mern geschieht, schwierig ist und nur durch eine metho-
disch aufwändige empirische Untersuchung zu eruieren
wäre. Gleichwohl kann eine Analyse der Lehrpläne und
Schulbücher Aufschluss über den normativen Rahmen
von Unterricht geben, also darüber, was offiziell erwartet
wird. Belastbare Aussagen darüber, ob, inwieweit und in
welcher Form die Lehrkräfte diese Vorgaben dann „vor
Ort“ umsetzen, lassen sich mithin nicht treffen.
Mein Kampf
im Lehrplan
Die Analyse von
Mein Kampf
als historische Quelle hat erge-
ben, dass neben dem Nationalsozialismus sowohl die Wei-
marer Republik aufgrund der Entstehung nach dem geschei-
terten Putsch 1923 als auch die Nachkriegszeit aufgrund
der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen
Vergangenheit Anknüpfungspunkte für eine unterrichtliche
Behandlung darstellen. Eine Durchsicht der in Bayern gül-
tigen Lehrpläne verschiedener Schularten zeigt, dass
Mein
Kampf
nicht explizit erwähnt wird, dass es aber eine Reihe von
inhaltlichen Bezügen gibt, die eine Thematisierung von Hit-
lers Schrift nahelegen, ja erfordern, oder zumindest ermög-
lichen. Im Mittelpunkt steht dabei das Fach Geschichte, da
dort eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
undmit
Mein Kampf
als historischer Quelle angebracht ist. In
Sozialkunde ist eine Thematisierung durchaus denkbar, aber
aufgrund der Orientierung an Gegenwartsproblemen nicht
ausdrücklich vorgesehen. Die folgende knappe Bestands-
aufnahme bezieht sich daher vornehmlich auf die aktuell
gültigen bayerischen Lehrpläne für das Fach Geschichte; sie
berücksichtigt auch den neuen LehrplanPLUS:
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Ohne eine
24 Vgl. Thomas Sandkühler: NS-Propaganda und historisches Lernen, in: Aus
Politik und Zeitgeschichte (APuZ) 43–45/2015, S. 39–45.
25 Die Lehrpläne sind auf der Homepage des Staatsinstituts für Schulqua-
lität und Bildungsforschung (ISB) verfügbar:
https://www.isb.bayern.de/> Schulartspezifisches > Lehrplan. Für den neuen LehrplanPlus ist eine
eigene Seite eingerichtet:
https://www.lehrplanplus.bayern.de/[Stand:
30.06.2016].
systematische Analyse leisten zu können, zeigt ein Blick in
andere Lehrpläne, dass die bayerischen Vorgaben sich nicht
wesentlich von denen anderer Länder unterscheiden.
Grundschule:
In den letzten Jahren wird vermehrt dis-
kutiert, ob bzw. inwieweit die
Holocaust
Education
schon
in der Grundschule begonnen werden soll. Die Befürwor-
ter argumentieren, dass möglichst früh mit der Menschen-
rechtserziehung begonnen werden sollte, während Gegner
darauf hinweisen, dass die Kinder – gerade wenn sie mit
schlimmen Schicksalen konfrontiert werden – intellektu-
ell und mental überfordert sind. Aber auch für diejenigen,
die für eine Beschäftigung mit ausgewählten Aspekten des
Nationalsozialismus in der Grundschule plädieren, ist eine
Thematisierung von
Mein Kampf
schon allein aus Grün-
den der Lesefähigkeit nicht vorstellbar. Dementsprechend
finden sich im Lehrplan keine Vorgaben. Unterrichtsein-
heiten zum Nationalsozialismus würden in dieser Schulart
nicht auf Hitlers
Mein Kampf
rekurrieren.
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Mittelschule:
Eine Besonderheit dieser Schulart ist,
dass bestimmte Fächer kombiniert unterrichtet werden.
So bilden Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde das
dreistündige Kombinationsfach GSE. In der 8. Jahrgangs-
stufe ist im Abschnitt „8.6.1 Die Weimarer Republik“
u.a. das Thema „Aufstieg der NSDAP“ vorgesehen. Im
Zusammenhang mit „8.6.4. Außenpolitik und Zweiter
Weltkrieg“ wird explizit auf das Ziel „Lebensraum im
Osten“ hingewiesen, das Hitler schon in
Mein Kampf
formuliert hatte. Schließlich kann der Umgang mit Hit-
lers Schrift auch im Rahmen der „Denazifizierung“ im
Rahmen des Lehrplanabschnitts „9.1.1 Deutschland in
der unmittelbaren Nachkriegszeit“ zur Sprache kommen.
Zu bedenken ist dabei, dass, abgesehen von der begrenz-
ten Unterrichtszeit, eine nähere Beschäftigung mit
Mein
Kampf
für die in der Regel 13- bis 14-jährigen Schüle-
26 Überblick bei: Isabel Enzenbach: Frühes historisches Lernen. Jüdische
Geschichte, Nationalsozialismus und nationalsozialistische Judenverfol-
gung, in: Hanns-Fred Rathenow u.a. (Hg.): Handbuch Nationalsozialismus
und Holocaust. Historisch-politisches Lernen in Schule, außerschulischer
Bildung und Lehrerbildung, Schwalbach im Taunus 2013, S. 133–147.