Ein Mädchen in verschüchterter Körperhaltung blickt zum Fenster hinaus
Jedes 10. Schulkind in Deutschland leidet unter einer Angststörung, der häufigsten psychischen Erkrankung weltweit ©Marina April – stock.adobe.com

Angstgefühle kennt jeder. Ab wann jedoch übersteigen sie das normale Maß und entwickeln sich zu einer Angststörung? Welche Formen von Angsterkrankungen können den Schulbesuch beeinträchtigen und wo gibt es Unterstützung?

Angst ist ein wichtiges und normales Gefühl, das den Körper auf eine mögliche (natürliche) Kampf- oder Fluchtreaktion vorbereitet. Sie warnt uns in gefährlichen Situationen und schützt uns vor wirklichen Gefahren. Daher kann sie sie sehr nützlich und lebensrettend sein (Beispiel: Ich habe Angst vor fremden Hunden. Daher komme ich ihnen nicht zu nahe).

Angstreaktionen zeigen sich im Denken, Verhalten, Körper und Fühlen eines Menschen. Sie können unterschiedlich schnell ausgelöst und unterschiedlich intensiv erlebt werden.

Im Kindes- und Jugendalter gibt es Ängste, die in bestimmten Altersstufen zur normalen Entwicklung dazu gehören: z. B. die Angst vor Fremden, Dunkelheit, Einbrechern, Naturkatastrophen, Ablehnung durch Gleichaltrige. Diese Ängste werden in der Regel nach einiger Zeit überwunden.

Anders ist das bei einer Angststörung. Diese entwickelt sich, wenn häufig unangemessene oder sehr starke Angstgefühle auftreten, wenn diese lang anhalten und zu deutlichen Einschränkungen im Alltag sowie einem hohen Leidensdruck führen. Die Angst kann sich dabei auf bestimmte Objekte oder Situationen beziehen: Ärztinnen und Ärzte sprechen von einer Phobie (Beispiel: Ich habe Angst vor Menschen. Daher verlasse ich nicht mehr die Wohnung / das Haus). Angst kann auch, als generalisierte Angststörung, unabhängig von bestimmten Situationen auftreten. Viele Menschen mit Angststörungen entwickeln sogar eine Angst vor der Angst. Vorhandene Ängste können durch negative Erfahrungen und unpassende Reaktionen der Umwelt verstärkt werden. Die persönliche Neigung, stärker in sich hinein zu hören und empfindsamer auf Reaktionen der Außenwelt zu reagieren, und damit schneller Angstgefühle zu entwickeln und ängstlicher zu reagieren als andere Menschen, kann angeboren oder durch Vorbilder erlernt sein.

Ca. 25 % der Menschen erkranken einmal im Laufe ihres Lebens an einer Angststörung. Damit ist sie die häufigste psychische Erkrankung weltweit. Auch bei jedem zehnten Kind bzw. Jugendlichen in Deutschland ist das Leben durch Ängste so beeinträchtigt, dass Hilfe von außen nötig ist. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben u. a. in der Copsy-Studie herausgefunden, dass durch die Covid-19 Pandemie bei vielen Kindern und Jugendlichen vermehrt Ängste aufgetreten sind. Häufig verfestigen sich Angststörungen oder treten auch mit anderen psychischen Erkrankungen zusammen auf (Depression, Zwangsstörung, Störung des Sozialverhaltens, ADHS, Suchterkrankungen). Vor allem, wenn Menschen gleichzeitig an einer Depression leiden, kommt es vor, dass sie darüber nachdenken, sich das Leben zu nehmen. Dann besteht Suizidgefahr. Daher ist es wichtig, dass Angststörungen möglichst frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus betont mit dem 10-Punkte-Programm zur Aufklärung über Angststörungen und Depressionen an Schulen die Wichtigkeit dieser Themen. Ziel ist es, dass Schülerinnen und Schüler mit Angststörungen und Depressionen häufiger erkannt werden und ihnen zeitnah noch besser geholfen werden kann.


Schulbezogene Angststörungen

In der Schule können Ängste vor allem von zu hohen Leistungsanforderungen und / oder Sozialkontakten ausgelöst werden. Dabei werden drei Arten von Angststörungen unterschieden:

Wer Prüfungsangst (oder Leistungsangst) hat, erlebt Prüfungs- und Leistungssituationen als bedrohlich. Sehr starke Angstgefühle werden ausgelöst, meist verbunden mit deutlichen körperlichen Reaktionen, und können im Extremfall zu einer vollständigen Denk- und Handlungsblockade (Black-out) führen:

  • Gedanken: Ich verstehe das einfach nicht. Das wird sicher wieder eine Fünf. Ich kann nicht mehr denken.
  • Körperreaktionen: Ich habe Bauch- / Kopfschmerzen. Mein Herz klopft. Mein Mund wird trocken. Meine Hände schwitzen und zittern.
  • Gefühle: Mir graut vor morgen. Ich gerate in Panik.
  • Verhalten: Ich gebe auf. Morgen melde ich mich krank.

Bei Schulangst wird die Angst durch bedrohlich empfundene bzw. bedrohlich erlebte Situationen in der Schule (z. B. Beschämung, Beschimpfung, Ausgrenzung, Mobbing) oder negative Einstellungen von wichtigen Bezugspersonen ausgelöst:

  • Gedanken: Ich will da nicht mehr hingehen! Mich vermisst eh keiner.
  • Körperreaktionen: Ich habe Bauchschmerzen. Mein Herz pocht. Ich habe Kopfschmerzen.
  • Gefühle: Ich schäme mich. Ich fühle mich bedroht. Ich fühle mich allein.
  • Verhalten: Ich spreche mit niemandem darüber. Ich schwänze den Unterricht.

Eltern, Lehrkräfte und Mitschüler können durch ihr Verhalten die Entwicklung einer Schulangst begünstigen. Schulangst kann sich zu einer generellen Angst vor der Schule verdichten und bis zur vollständigen Schulvermeidung führen.

Die Schulphobie ist (im Gegensatz zur phobischen Störung) keine auf die Schule gerichtete Angst, sondern im Kern Trennungsangst, bei der die Kinder- oder Jugendlichen die Trennung von wichtigen familiären Bezugspersonen fürchten, meist verbunden mit der Angst, dass der Bezugsperson etwas zustoßen könnte:

  • Gedanken: Ich gehe lieber nicht weg. Wer weiß, was dann daheim passiert!
  • Körperreaktionen: Ich habe Bauch- / Kopfschmerzen. Mir ist schwindelig. Mir ist übel.
  • Gefühle: Ich mache mir Sorgen (um meine Mutter), ich fühle mich verantwortlich (für sie).
  • Verhalten: Ich gehe nicht in die Schule. Ich wehre mich mit allen Mitteln dagegen.

Auch Schulphobie kann unbehandelt zum vollständigen Abbruch des Schulbesuchs führen.


Unterstützungsangebote

Erste Ansprechpersonen sind neben jeder Lehrkraft des Vertrauens, insbesondere die Klassenlehrkraft, die zuständige Schulpsychologin bzw. der zuständige Schulpsychologe oder die Beratungslehrkraft an der Schule vor Ort. Die Kontaktdaten finden sich auf der jeweiligen Schulhomepage oder auf dem Aushang am Beratungszimmer.

Darüber hinaus stehen für Hilfesuchende auch die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen an den Staatlichen Schulberatungsstellen in Bayern zur Verfügung.

Schulpsychologinnen und Schulpsychologen können eine Angststörung nicht behandeln, jedoch in einer Vorabklärung eine Einschätzung abgeben, ob eine Angsterkrankung bei der Schülerin bzw. dem Schüler vorliegen könnte und erste Tipps im Umgang mit dieser geben. Je nach Schweregrad werden Betroffene weitervermittelt.

  • Hausärzte bzw. Kinder- und Jugendärzte
  • Fachärzte für Kinder- und Jugendlichen-Psychiatrie und -Psychotherapie
  • Familien- und Erziehungsberatungsstellen
  • Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten
  • Ambulanz der nächst gelegenen Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Eine Zusammenstellung von externen örtlichen, regionalen und überregionalen Hilfsangeboten für Schülerinnen, Schüler und Eltern bzw. Erziehungsberechtigte ist auf allen Schulwebseiten in Bayern zu finden.

Online und telefonisch können betroffene Jugendliche auch überregional Hilfe bei Angststörungen im Kinder- und Jugendalter finden:

Kinder- und Jugendtelefon – Nummer gegen Kummer: telefonisch erreichbar unter 116 111 (kostenlos, Montag bis Samstag von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr)
Jugendberatung

Informationen der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)

Online-Beratung von Jugendlichen für Jugendliche

Informationswebseiten zum Thema Angststörungen:

Erklärvideo Angststörung für KinderErklärvideo Angststörung für Jugendliche und ErwachseneNeurologen und Psychiater im Netz zum Thema Angststörungen BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung):

Stand: 28. März 2024

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