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Mittler zwischen Ost und West?
Einsichten und Perspektiven 3 | 16
Deutschland jenseits der SBZ vor kommunistischer Ein-
flussnahme zu schützen, es politisch wieder handlungsfähig
zu machen, wirtschaftlich aufzubauen und in eine freiheit-
lich-demokratische europäische Ordnung zu integrieren.
Die Teilung des Landes in einen Ost- und einen Westteil
war aus seiner Sicht für den Moment ohnehin besiegelt.
Nur mit Hilfe der Westintegration würde Westdeutschland
genügend Anziehungskraft entwickeln, um eineWiederver-
einigung unter demokratischen Vorzeichen zu ermöglichen.
Die Politik derWestbindung hatte eine europapolitische
und eine transatlantische Dimension. Eine stabile europä-
ische Ordnung war nur möglich, wenn es gelang, natio-
nale Interessen zu Gemeinschaftsinteressen zu verflechten
und diese institutionell abzusichern. Es war das Leitmotiv
für die europäische Integration, die in den 1950er Jahren
ihren Anfang nahm. Den Rahmen dafür boten die USA.
Sie traten sowjetischen Expansionsbestrebungen ab 1947
mit einer Eindämmungspolitik entgegen und schreckten
die Sowjetunion mit der NATO, dem 1949 gegründeten
westlichen Verteidigungsbündnis, militärisch ab. Zugleich
halfen sie, innereuropäische Kooperationshürden zu über-
winden, was sich etwa beim Beitritt der Bundesrepublik
zur NATO 1955 zeigte. Damit sicherten die USA als
Schutzmacht die freiheitlich-demokratische Entwicklung
Westeuropas ab.
Die europäische Integration und die transatlanti-
sche Partnerschaft wurden Teil der politischen DNA der
Bundesrepublik, weil sie ihre Rückkehr zum souveränen,
respektierten Mitglied der Staatengemeinschaft ermög-
lichten und eine stabile Ordnung des Friedens, der Frei-
heit, der Demokratie, des Rechts und der Prosperität in
Westeuropa garantierten. Eine Mittlerrolle zwischen Ost
und West gehörte dagegen weder zum politischen Selbst-
verständnis der jungen Bundesrepublik, noch wäre sie auf-
grund des eng begrenzten Gestaltungsspielraums möglich
gewesen. Die Bundesrepublik erhob einen Alleinvertre-
tungsanspruch für Deutschland und verwahrte sich gegen
alles, was die Existenz der DDR zementieren würde.
Nach der Unterzeichnung des Warschauer Vertrags geben sich Bundeskanz-
ler Willy Brandt (li.) und der polnische Ministerpräsident Josef Cyrankiewicz
die Hände, 7. Dezember 1970.
Foto: ullstein bild/BPA
US-Präsident John F. Kennedy 1963 auf Staatsbesuch in der Bundesrepublik.
Bundeskanzler Konrad Adenauer und Bundesverteidigungsminister Kai-Uwe
von Hassel empfangen ihn.
Foto: Interfoto/Weltbild
Unterzeichnung des Abschlussdokuments über die Vereinigung von Bundesre-
publik und DDR in Moskau durch die Außenminister James Baker (USA), Douglas
Hurd (GB), Eduard Schewardnadse (UdSSR), Roland Dumas (F), Lothar de Maizière
(DDR) sowie Hans-Dietrich Genscher (Bundesrepublik), 12. September 1990
Foto: ullstein bild – AP