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aber eine Lehrstelle und später auch
ein Arbeitsplatz garantiert.
Sah dies für die Absolventen d_er
EOS ähnlich aus? Gab es Beschrän–
kungen bei der Studienwahl?
Zunächst muß man einmal festhalten,
daß das Hauptproblem darin be–
stand, überhaupt auf die Erweiterte
Oberschule zu kommen. Da galt z. B.
die Regel, daß die Mehrzahl der
EOS-Schüler Arbeiter- und Bauern–
kinder sein mußten. Nicht jeder Iei–
stungssterke Schüler konnte also ein–
fach auf die EOS übertreten. Das
letzte Wort beim Übertritt hatten we–
der die Eitern noch die. Lehrer, noch
der Direktor der POS; entschieden
wurde von einer sogenannten Kreis–
kommission - hinter verschlossenen
Türen. Eine Rolle spielte unter ande–
rem auch, ob der Schüler sich aktiv in
der Freien Deutschen Jugend betä–
tigte oder sich verpflichtete, nach
dem Abitur drei Jahre, also zweimal
so lang wie vom Staat gefordert, in
der Nationalen Volksarmee zu die–
nen. Insgesamt durften aber nur zehn
Prozent aller Schülerinnen und Schü–
ler auf die EOS übertreten.
Wer aber auf die EOS kam und sie
erfolgreich abschloß, erhielt auch
einen Studienplatz - allerdings nicht
immer im gewünschten Fach; aus–
schlaggebend war der Bedarf der
DDR-Wirtschaft.
Beim DDR-Abitur gab es ja - wie
man Pressemeldungen entnehmen
konnte - eine regelrechte Einser–
Schwemme. Wie ist das zu erklären?
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist si–
cherlich, daß bei uns in der Regel
1euen Spielregeln gewöhnen."
"Die Kluft
zwischen
Ideologie und
Realität
wurde zuletzt
•
tmmer
größer."
·eben nur die Spitzenschüler aus den
zehnten Klassen der Polytechnischen
Oberschule in die EOS übertreten
durften und die Möglichkeit beka–
men, das Abitur zu machen. Inwie–
weit daneben etwa das Anforde–
rungsniveau, jetzt verglichen mit dem
Abitur bei Ihnen, eine Rolle spielte,
das kann ich nicht beurteilen. Wir
hatten ja zum Teil ganz andere Lern–
inhalte.
Welche Möglichkeiten gab es für
Schüler und Eltern, das Schulleben
mitzugestalten?
Neben den Elternversammlungen in
der Schule gibt es bei uns eine Ein–
richtung, die Sie meines Wissens in
Bayern nicht kennen: Jeder Klassen–
lehrer hatte und hat die Möglichkeit,
die Eitern seiner Schüler zumindest
einmal pro Schuljahr zu Hause zu be–
suchen, um Schul- und Erziehungs–
probleme zu besprechen .
Das Bildungswesen der DDR befin–
det sich derzeit in einem tiefgreifen–
den Wandel. Wo liegen die größten
Schwierigkeiten für einen Neuan–
fang?
Das Hauptproblem ist für mich äie
Umstellung von der Einheitsschule
auf ein gegliedertes Schulwesen. Ei–
gentlich sind sich alle Lehrer, auch
die neuen Lehrerverbände, darin ei–
nig, daß wir die alten Strukturen
über-Winden müssen. Wir haben die
Gleichmacherei einfach satt. Aber es
wird sicher einige Jahre dauern, bis
allein die organisatorischen Schwie–
rigkeiten bewältigt sind. Denken Sie
nur daran, daß wir sehr viele Russisch-
Iehrer haben, aber kaum Lehrer für
Französisch oder Latein.
Wie ist eigentlich die Stimmung un–
ter den Lehrern?
Wir Lehrer werden Zeit brauchen,
uns umzustellen. ln der Vergangen–
heit wurde uns nahezu alles vorge–
schrieben- nun gilt es, Eigeninitiative
zu entwickeln und sich in einem wei–
ter gesteckten Rahmen zu bewegen.
Wir wollen gar nicht klagen, aber
leicht ist diese Umstellung nicht.
Manche Kollegen sind sehr engagiert
und optimistisch; die meisten aber
zögern noch oder haben so'gar Angst
vor der Zukunft. Das gleiche gilt na–
türlich auch für die Eitern unserer
Schüler.
Was sind Ihre persönlichen Wün–
sche für die Zukunft?
Zuallererst wünsche ich mir Gesund–
heit und Kraft, damit ich die gegen–
wärtigen Belastungen im Unterricht
und in der Verbandsarbeit durchste–
hen kann. Dann hoffe ich, daß wir
recht bald ein ähnlich gegliedertes
Schulwesen bekommen, wie Sie es in
Bayern haben. Für das wichtigste
halte ich aber, daß die Einheit mög–
lichst schnell kommt, damit nicht Pes–
simismus und Angst' bei uns weiter um
sich greifen können.
Ich bin mir darüber im klaren, daß
die vor uns liegenden Aufgaben viel
Einsatz und Geschick verlangen -
und eine gehörige Portion Optimis–
mus. Grundvoraussetzung für das
Gelingen sind natürlich stabile Ver–
hältn isse. Die wünsche ich mir am al–
lermeisten.
SCHULE
aktuell
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