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Einsichten und Perspektiven 3 | 17

tische FPÖ-Kandidat Norbert Hofer gegeneinander an und

sorgten mit einer Debatte unter der Gürtellinie für einen

Eklat. Mit Marie Le Pen und Donald Trump waren auch in

Frankreich und den USA populistische Akteure Teilnehmer

der Duelle. Das „Kanzlerduell“ zwischen Angela Merkel und

Martin Schulz fand jedoch zwischen den Kandidaten der

beiden etablierten Regierungsparteien statt. Einen indirekten

Einfluss darauf hatte die stärkere Polarisierung und der verän-

derte Ton der politischen Debatte aber durchaus – allein die

Themenauswahl der Moderatoren und Redaktionen wurde

im Nachhinein als einseitig und populistisch kritisiert.

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Politische Kampagnen unterliegen seit einigen Jahrzehn-

ten einem starken Wandlungsprozess. Soziale Netzwerke,

Populismus und zunehmende Polarisierung verändern die

Wahlkämpfe, die ohnehin bereits stark professionalisiert und

personalisiert sind. TV-Duelle können in diesen Wahlkämp-

fen durchaus ein zentrales Element sein, von dem sich bei-

spielsweise „unterlegene“ Kandidaten eine Wende erhoffen

oder neue und bestehende Wählergruppen mobilisiert wer-

den sollen. Wie groß die Bedeutung dieses Fernsehereignisses

ist, hängt aber auch davon ab, wie der Wahlkampf vor dem

Duell verlaufen ist, wie offen die Sendung für die Kandidaten

gestaltet ist und wie deren Argumente und Auftreten in der

Nachberichterstattung und in sozialen Netzwerken aufge-

nommen werden. TV-Duelle haben also auch in modernen

Kampagnen das Potenzial, „das Zünglein an der Waage“ zu

sein.

Das Kanzlerduell im Bundestagswahlkampf 2017

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 fing mit

einem Paukenschlag an. Während die Amtsinhaberin

Angela Merkel zu Beginn des Jahres noch mit parteiinter-

ner Kritik und sinkender Beliebtheit in der Bevölkerung zu

kämpfen hatte, stellte die SPD unerwartet Martin Schulz

als Kanzlerkandidaten vor. Im darauffolgenden „Schulz-

Hype“ stiegen die Zustimmungswerte für den Sozialde-

mokraten und die SPD. Diese frühe Wahlkampfphase der

Auswahl und Nominierung der Spitzenkandidaten (Iden-

tifikationsphase) ging fließend in die Mobilisierungsphase

der Parteien über. Während die SPD sich über einen Mit-

gliederzuwachs freute und den Nominierungsparteitag des

Kanzlerkandidaten feierte, blieb es um Kanzlerin Angela

Merkel lange eher ruhig. Der medial beachtete „Schulz-

Hype“ erhielt aber bereits in der frühen Mobilisierungs-

phase einen Dämpfer. Zunächst wurde den Sozialdemo-

kraten ein fehlendes Wahlprogramm vorgehalten, später

39 Hildebrand (wie Anm. 3); Koldehoff (wie Anm. 3).

erfüllten auch die SPD-Ergebnisse bei den Landtagswah-

len im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-

Westfalen nicht die Erwartungen. Mit diesen Niederlagen

im Rücken wurden die weiteren Schritte der SPD, unter

anderem die Vorstellung des Wahlprogramms, häufig als

unglücklich wahrgenommen. Angela Merkel, der die gute

Konjunkturlage Deutschlands und ihr Image als interna-

tionale „Krisenmanagerin“ zugutekam, stellte erst spät das

Wahlprogramm der CDU vor und konnte mit inzwischen

wieder weit über Martin Schulz gestiegenen Zustim-

mungswerten gestärkt und souverän in die „heiße Phase“

des Wahlkampfs in den letzten Wochen vor demWahlter-

min starten.

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Ihre Wahlkampfstrategie, die genauso wie

ihr Regierungsstil auf einen möglichst wenig polarisierten

Wahlkampf setzt, hatte angesichts der Stimmungslage vor

dem TV-Duell gewirkt.

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Diesem Stil entspricht auch ein

TV-Duell mit möglichst geringer Konfrontation. Ihr Her-

ausforderer Martin Schulz und die SPD setzten jedoch

viel Hoffnung in das „Duell auf Augenhöhe“. Für ihre

Kampagne sollte das Kanzlerduell einen erneuten Wende-

punkt darstellen und Aufschwung verschaffen.

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Im Vorfeld des Kanzlerduells 2017 lösten aber zunächst

einige bekanntgewordenen Details zu den Verhandlungen

zwischen Sendern und Kandidaten eine Debatte um die

Organisation des Duells aus. Die austragenden Fernsehsen-

der erwogen zunächst einige Änderungen am TV-Format

Kanzlerduell. Mehrere Duelle, ein sogenanntes „Townhall-

40 Vgl. zum Verlauf des Wahlkampfs Römmele (wie Anm. 28), S. 135 ff.

41 Vgl. Katharina Schuler: Wahlkampf im Kanzlerinnenmodus, Zeit Online

v. 29.08.2017, online abrufbar unter:

http://www.zeit.de/politik/deutsch-

land/2017-08/bundestagswahl-2017-angela-merkel-sommer-pressekon-

ferenz [Stand: 18.09.2017].

42 Vgl. Caspari (wie Anm. 1).

Das TV-Duell im Bundestagswahlkampf 2017

picture alliance

/dieKLEINERT.de/Karikatur

von Martin Erl