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Hitlers

Mein Kampf

– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit

54

Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

und die Darstellung von Othmar Plöckinger über die

Geschichte des Buches. Ein Blick in das Literaturver-

zeichnis der Edition zeigt die Intensität und Komplexität

der wissenschaftlichen Beschäftigung.

Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse wurde

in der Öffentlichkeit immer wieder und in verschiede-

nen Formen über Hitlers Buch informiert. Umfassende

Informationen bietet auch ein Sachbuch von Sven Felix

Kellerhoff.

68

Aber auch Zeitschriftenbeiträge und Doku-

mentarfilme sind hier zu nennen: So widmete, um nur

diese Beispiele zu nennen, die Zeitschrift Cicero im

November 2012 dem Buch eine Titelgeschichte;

der

französische Filmemacher Antoine Vitkine drehte einen

Dokumentarfilm und hielt seine Ergebnisse auch in

Buchform fest.

69

Die Edition des Instituts für Zeitge-

schichte fasst in der Einleitung den aktuellen Wissens-

stand knapp und konzise zusammen. Nicht zu verges-

sen sind die notgedrungen knappen, aber mitunter sehr

aufschlussreichen Darstellungen in Geschichtsschulbü-

chern. Wer sich und im Rahmen der historisch-politi-

schen Bildung Jugendliche über

Mein Kampf

informie-

ren will, kann also auf ein breites Angebot verschiedener

Medien zurückgreifen.

Politische Meinungsbildung

Die Beschäftigung mit

Mein Kampf

beschränkte sich sel-

ten auf sachliche Information allein, sondern diente an-

gesichts der Vorgeschichte immer auch der politischen

Meinungsbildung. Gerade in der Publizistik ist eine kla-

re Trennung zudem oft nicht möglich. Schon unmit-

telbar nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft

wurden die persönlichen Erfahrungen bei der Lektüre

und die politischen Gefahren, die von Hitlers Schrift aus-

gingen, kontrovers diskutiert. Die von aufklärerischem,

ja volkspädagogischem Bemühen getragenen Schriften

bieten Erklärungen des Nationalsozialismus und war-

nen nachdrücklich vor einer Wiederkehr dieses Gedan-

kenguts.

70

Das anstehende Auslaufen des Urheberschut-

68 Kellerhoff (wie Anm. 50).

69 Vgl. die Dokumentation „Mein Kampf – Geschichte einer Hetzschrift“

des französischen Filmemachers Antoine Vitkine,

http://www.arte.tv/de/

mein-kampf-geschichte-einer-hetzschrift/2014698,CmC=2014694.html

[Stand: 30.06.2016] sowie die Buchfassung Antoine Vitkine: Mein Kampf.

Histoire d’un livre, Paris 2009.

70 Beispiele: Rudolf Gattermann: Du und Hitler. An einen unbekannten jun-

gen Freund, Lauf 1946; Max-Joseph Halhuber/Ferdinand Obenfeldner/An-

ton Pelinka:

„Mein Kampf“

– heute wieder gelesen, Innsbruck 1993; Karl

Raab/Ralf Brandner: Hitlers Lügengebäude. Hätten Sie doch nur Hitlers

Bekenntnisbuch

„Mein Kampf“

studiert!, Norderstedt 2005.

zes und die angekündigte kritische Edition des Instituts

für Zeitgeschichte führte vor allem 2015 zu einem gro-

ßen Medieninteresse: In Zeitungen und Zeitschriften,

Hörfunk und Fernsehen, aber auch in den sozialen Me-

dien des Internets kam es zu einer intensiven Diskussion

über den Umgang mit

Mein Kampf

. 

71

Soll

Mein Kampf

publiziert werden, und wenn ja, wie? Und: Wie soll man

mit

Mein Kampf

nach dem Auslaufen des Urheberschut-

zes umgehen? Beispiele dafür sind Diskussionsrunden

72

sowie TV-Dokumentationen.

73

Eine besondere Form stellen die Debatten im poli-

tisch-parlamentarischen Raum dar. Gerade bayerische

Politiker fühlten sich aufgrund der besonderen Rolle des

Freistaats zu Stellungnahmen herausgefordert. Die baye-

rische Staatsregierung unterstützte als Halter der Rechte

zunächst die kritische Edition des Instituts sowie das Pro-

jekt einer Handreichung für die Schule. Aufgrund gra-

vierender Besorgnisse von Überlebenden des Holocaust,

Hitlers Hetzschrift wieder als normales Buchangebot in

der Öffentlichkeit zu sehen, wurden diese Projekte jedoch

zurückgestellt. Im Zuge der parlamentarischen Debatten

im Bayerischen Landtag herrscht allerdings größtenteils

Einigkeit, dass

Mein Kampf

in der historisch-politischen

Bildung seinen festen Platz haben solle.

74

Es bietet sich

an, gerade die Fragen der Publikation und der Art des

Umgangs zu thematisieren. Dabei kann, wie gezeigt, auf

verschiedene Medien zurückgegriffen werden, um die

Jugendlichen zu einer Diskussion anzuregen.

71 Eine interessante Zusammenstellung bietet die Dokumentation auf der

Homepage des Instituts für Zeitgeschichte:

http://www.ifz-muenchen.de/

aktuelles/themen/edition-mein-kampf/dokumentation-mein-kampf-in-

der-oeffentlichen-diskussion/ . Vgl. dazu ausführlicher: Baumgärtner (wie

Anm. 27), S. 79–102, hier S. 89 f., sowie ders.: „Mein Kampf“ – kritisch

lesen, aber wie?, in: Hans-Peter Killguss/Martin Langebach (Hg.): „Opa

war in Ordnung!“ Erinnerungspolitik der extremen Rechten, Köln 2016,

S. 188–197, hier: S. 192ff.

72 Als Beispiele: Sendung v. Markus Lanz v. 12.07.2011

(https://www.you- tube.com/watch?v=669CVEvy9VY)

; Sendung v. Anne Will v. 02.05.2012

(https://www.youtube.com/watch?v=DxnJLHbcM44)

[Stand: 30.06.2016].

73 Beispiel: Die Story im Ersten: Countdown zu einem Tabubruch – „Mein

Kampf“ erscheint, ARD, 13.04.2015.

74 Vgl.

https://www.bayern.landtag.de/aktuelles/sitzungen/aus-dem-plenum/

umgang-mit-der-kommentierten-fassung-von-mein-kampf-im-schulunter-

richt/ sowie mit Verweis auf die einzelnen Beiträge und Dokumente https://

www1.bayern.landtag.de/lisp/anzeigen#TOP24051

[Stand: 30.06.2016].