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„DDR öffnet Grenze“ – und dann?
Die DDR öffnet die Grenze zur BRD und Berlin-West für ihre Bürger:
Begrüßung von DDR-Bürgern auf der Bornholmer Brücke im Bezirk Wedding –
10.11.1989
Foto: ullstein Bild/Fotografin: Brigitte Hiss
Landeszentrale:
Wie haben Sie vom Fall der Mauer erfahren? Was war Ihre erste spontane Reaktion?
1989 war ich als Student aktives Mitglied in einer Verei-
nigung für Wirtschaftsstudenten, die international ausge-
richtet war. Häufig organisierten wir Treffen mit Studenten
aus anderen Ländern. Zufälligerweise hatten wir just um
den 9. November 1989 ein derartiges Treffen mit Wirt-
schaftsstudenten aus Schweden und Italien und feierten am
9. November 1989 abends gerade eine Party, als die Nach-
richt von der Öffnung von Grenzübergängen durchsickerte.
Wir gingen spontan zum Brandenburger Tor, wo wir mit
vielen anderen Menschen, Ost- wie auch West-Berlinern,
die ganze Nacht um und auf der Mauer verbrachten. Diese
Nacht war sowohl für uns Deutsche als auch unsere auslän-
dischen Kommilitonen völlig unwirklich. (*1967)
Ich war in der Zeit von Oktober 1989 bis Januar 1990 als Rechtsreferendar an der Deutsch-Aust-
ralischen Handelskammer in Melbourne/Australien tätig. Am Abend des 9. November 1989 saß ich
in einem Studentenwohnheim an meinem Schreibtisch, als indische und englische Studenten in mein
Zimmer eilten, um mitzuteilen, dass in den australischen Nachrichten Bilder von auf der Berliner
Mauer tanzenden Menschen gezeigt wurden. Meine erste Reaktion war: Die Studenten nehmen mich
auf den Arm. Nachdem ich mich vomWahrheitsgehalt der Aussagen der indischen Studenten überzeu-
gen konnte, schossen mir vor Freude die Tränen in die Augen. Ich muss sagen, dass der Mauerfall für
mich bis heute zu den emotionalsten Momenten zählt, die ich in meinem Leben erlebt habe. (*1961)
Am Abend des 9. November durch Radio und Fernsehen, ohne zu wissen, welche Bedeutung diese Nachricht hatte und wie
ernst sie zu nehmen ist.
Ich schlief erst einmal darüber. Pünktlich um 6:30 Uhr war ich wie jeden Morgen im Büro. Erst dort wurde mir und
meinen Kollegen die Tragweite der Entscheidung zur Maueröffnung bewusst. Wir saßen bei frischem Kaffee um und auf den
Tischen und fragten uns: „Was heißt das jetzt, gehen oder bleiben wir? Arbeiten wir weiter oder fahren wir in die Stadt?“ Uns
wurde zunehmend klar an diesem Vormittag: „Ab jetzt bleibt nichts mehr wie es war und wird auch nie wieder so sein! Und
so kam es dann auch.
Wohl dem, der jung und frei war! Unser aller Eltern hatten mit über 50 Jahren nicht viel zu lachen. Wir damals Jungen
mussten zuschauen, wie sie noch mal ganz von vorne anfangen mussten. Die finanziellen Polster waren im Gegensatz zu der
Bundesrepublik nicht vergleichbar. Meine Eltern versuchten zu retten und ihrer Verantwortung gegenüber den jahrelangen
Angestellten und Arbeitern gerecht zu werden. Was schließlich mit einer neuen Partnerfirma aus der Bundesrepublik gelang
und heute zu den positiven Unternehmensbeispielen der Wiedervereinigung zählt.
Mit einer guten Freundin, deren Oma plus den Nachbarn fuhren wir gleich am darauffolgendenWochenende nach dem 9.
November über die thüringische Grenze ins Zonenrandgebiet nach Hessen. Der Empfang war gewaltig.
Wir waren gerührt und reagierten anfangs verschüchtert über so viel Offenheit und Freundlichkeit. Der Bürgermeister
begrüßte uns persönlich. Wir feierten alle zusammen die ganze Nacht auf der Straße. Das waren gewaltige Momente. (*1966)