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Der Erste Weltkrieg als Zäsur der Geschichte Bayerns
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
Politisch hatte die Revolution unter Kurt Eisner zwar
mitgeholfen, den Krieg nach außen zu beenden.
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Im
Inneren ging er nach Eisners Ermordung Anfang 1919
weiter. In den Räterepubliken, vor allem aber in dem
Bürgerkrieg und den Gewaltexzessen bei ihrer Nieder-
schlagung brach ein Konsens, der in Bayern lange gehal-
ten hatte: Militär schoss nicht wie in Preußen bei Streiks
auf Arbeiter, es gab viele Formen der formalisierten und
durch die zivile Beamtenschaft kontrollierten Konfliktein-
hegung.
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Das Militär gelangte in Bayern nicht zu einer
dominanten Position, die zivile Beamtenschaft hatte das
Heft in der Hand. Laut bayerischem Polizeigesetz gab es
eine klare Trennung von Polizei und Militär. 1906 erhiel-
ten Polizisten Beamtenstatus.
10 Bernhard Grau: Kurt Eisner 1867–1919. Eine Biographie, München
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2017.
11 Marita Krauss: Herrschaftspraxis in Bayern und Preußen im 19. Jahrhun-
dert. Ein historischer Vergleich, Frankfurt am Main 1997.
Das war nun anders: Bei der EroberungMünchens durch
Regierungstruppen und Freikorps Anfang Mai 1919 wur-
den Gefangene misshandelt und ohne Urteil hingerichtet.
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Nur mit Mühe konnte das Generalkommando das exzessive
Töten eindämmen. Offiziell starben beim Einmarsch 557
Menschen, darunter zahlreiche Zivilisten, die irrtümlich
verhaftet worden waren. Schätzungen sprechen von über
1.000 Opfern. In der Stadt herrschte Kriegsrecht, da neue
Unruhen befürchtet wurden. Stand- und Sondergerichte
(„Volksgerichte“) verurteilten in den folgenden Mona-
ten über 1.700 Räte-Aktivisten wegen „Vorbereitung zum
Hochverrat“.
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Reichswehr und Polizei hatten die Macht in
Händen. Die Justiz ahndete die Verbrechen nicht.
12 Rudolf Herz/Dirk Halfbrodt: Fotografie und Revolution. München 1918/19,
Berlin 1988; Emil Gumbel: Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922.
13 Franz J. Bauer/Eduard Schmidt: Die bayerischen Volksgerichte 1918–1924.
Das Problem ihrer Vereinbarkeit mit der Weimarer Reichsverfassung, in:
Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 48 (1985), S. 449–478.
Das Landtagsgebäude befand sich 1918 in der Prannerstraße in München.
Foto: sz-photo/Scherl