„Lesen ist die Grundlage allen Lernens“
Interview mit Staatssekretärin Carolina Trautner
Frau Staatssekretärin, welches Buch
haben Sie als Kind gerne gelesen?
Michel aus Lönneberga von Astrid
Lindgren.
Warum ist Lesen wichtig?
Lesen macht Spaß und erschließt uns
große und kleine Welten, vermittelt neue
Erkenntnisse und regt die Fantasie an.
Die Lesefähigkeit als Basis allen Lernens
ist zentral für Teilhabe und Erfolg in
Arbeitswelt, Staat und Gesellschaft.
Ausbildungsbetriebe und Universitäten
müssen darauf bauen können, dass
junge Menschen über die erforderlichen
Kompetenzen verfügen.
Welchen Einfluss haben „Neue Medien“
auf das Lesen?
Die Rahmenbedingungen in unserer
digital geprägten Welt ändern sich ge-
rade erheblich. Wir alle, Kinder und
Erwachsene, lesen in und mit digita-
len Medien. Schülerinnen und Schüler
lesen sehr viel in sozialen Netzwerken,
man gewinnt manchmal fast den Ein-
druck, dass weniger gesprochen und
mehr geschrieben wird. Damit wird
auch gleichzeitig mehr gelesen als
früher – allerdings auf eine andere Art
und Weise und auch auf einem anderen
sprachlichen Niveau. Dieses andere
Lesen ist eine riesige Herausforderung:
für die Schule und für unsere komplexe
Arbeitswelt.
Ab welchem Alter sollte man mit der
Leseförderung beginnen?
Das Lesenlernen beginnt schon weit
vor dem Eintritt in die Schule. Kinder
sammeln vor Schulbeginn Erfahrun-
gen in Schrift und Sprache vor allem
in ihrer Familie. Das Vorlesen von
Kinderbüchern spielt in diesem Zu-
sammenhang eine wichtige Rolle:
Begeisterung für das Lesen wird
geweckt, Kinder werden zum Selber-
lesen motiviert, Kommunikation in
der Familie wird angeregt und die
Kinder erweitern im Umgang mit der
Schriftsprache ihren Wortschatz. Mit
dem Beginn der Grundschule knüpft
der Deutschunterricht auf der Basis
des
LehrplanPLUS Grundschule
an
die vorschulischen Erfahrungen der
Kinder an und erweitert die Kompe-
tenzen im Bereich der Lesefertigkeiten
und -fähigkeiten.
Wie wird die Kompetenz des Lesens an
den weiterführenden bayerischen
Schulen gestärkt?
Hier gibt es viele Ansatzpunkte. Wesent-
lich ist die systematische Förderung
im Unterricht mit der Fortsetzung und
Vertiefung der Lesestrategien aus der
Grundschule, z. B. Übungen zur Lese-
flüssigkeit und zum Leseverstehen.
Daneben nutzen die Schulen immer
wieder Möglichkeiten, die Lesemotiva-
tion der Schülerinnen und Schüler zu
stärken – z. B. durch Lesewettbewerbe,
den internationalen Vorlesetag, den
Welttag des Buches oder den Besuch
von Büchereien oder Buchhandlungen
mit speziellen Leseangeboten.
Ist Leseförderung nur eine Aufgabe
des Deutschunterrichts?
Lesen ist die Grundlage allen Lernens
und deshalb im Lehrplan Querschnitts-
aufgabe aller Fächer: Die Leseförderung
ist als Teilbereich der Sprachlichen
Bildung eines der verbindlichen fächer-
übergreifenden Bildungsziele. In Bio-
logie oder Chemie werden Experimente
versprachlicht, Mathematikaufgaben
sind im kompetenzorientierten Unter-
richt auf die Lebenswelt bezogen, in
Geschichte werden Quellen erschlossen,
in Geographie Karten gelesen und so
weiter – in jedem Fach wird gelesen
und in jedem Fach lernen unsere
Schüler, die Fachsprache zu verstehen.
| am
Carolina Trautner
ist Mutter eines Sohnes und einer Tochter. Sie
wurde am 25. Mai 1961 in Augsburg geboren und ist
evangelisch und verheiratet.
Nach dem Studium der Pharmazie hat Trautner
vor ihrem Einstieg in die Politik als Apothekerin
gearbeitet. Seit März 2018 ist sie Staatssekretärin
im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht
und Kultus.
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