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Der Kampf ums Weiße Haus 2016

Präsidentschaftskandidaten sind sozusagen Wahlkampf-

unternehmer, die für eine begrenzte Zeit eine Art poli-

tischen Minikonzern führen und ein einziges Produkt

verkaufen wollen: sich selbst. Dazu müssen sie Struktu-

ren in allen Bundesstaaten (vor allem natürlich den

swing

states

) aufbauen mit Experten für traditionelle und neue

Medien, Wahlrecht, Demoskopie und vieles mehr. Sie

brauchen Verbündete vor Ort, die den Staat kennen und

sie mit Aktivisten und Spendern vernetzen können. Diese

politischen Minikonzerne sind übrigens gar nicht so klein:

Sowohl die Wahlkampforganisation von Barack Obama

als auch die von Mitt Romney gaben 2012 jeweils gut

eine Milliarde Dollar aus – Wahlkampf in den USA kann

durchaus als

big business

gelten.

Wahlkampffinanzierung: Spendensammler und Super-PACs

Die Wahlkämpfe werden aus privaten Spenden finanziert,

die staatlichen Regeln unterliegen. 

20

So müssen die Kan-

didaten jedes Quartal der Wahlkommission offenlegen,

welche Spenden in welcher Höhe sie aus welchen Quellen

erhalten haben. Vor allem aber gibt es auch Grenzen, wie

hoch diese Zuwendungen sein dürfen. Ein einzelner Spen-

der darf einem Kandidaten derzeit maximal $2.700 pro

Wahl spenden, einmal für die Vorwahlen und einmal für

die Präsidentschaftswahl. Es kann also niemand Hillary

Clinton einen Scheck über zehn Millionen Dollar ausstel-

len, bei $5.400 ist Schluss. Allerdings gibt es durchaus

Wege, diese Begrenzungen zumindest teilweise zu umge-

hen. Kandidaten dürfen ihre eigenen Finanzmittel ver-

wenden, was bei Milliardär Donald Trump eine wichtige

Rolle spielt. 

21

Spender dürfen außerdem höhere Beträge

an die Parteien der Einzelstaaten und des Bundes geben:

$ 10.000 an die Parteien in den Einzelstaaten, ca. $ 30.000

an die Bundespartei. Vor allem aber gibt es seit 2010 die

berüchtigten Super-PACs (dazu später mehr).

Die begrenzten Spenden an die Wahlkampforganisa-

tionen der Kandidaten selber spielen eine herausragende

Rolle, denn nur aus diesen Mitteln können sie die im-

20 Es gibt in den USA zwar auch eine gesetzlich stark limitierte Wahlkampf-

finanzierung für die Präsidentschaftswahl aus öffentlichen Mitteln, doch

der letzte Präsidentschaftskandidat, der diese nutzte, war John McCain

2008. Zur Wahlkampffinanzierung s. auch Maisel (wie Anm. 2), S. 113 f.

21 Trump hat ca. $43 Millionen der ca. $57 Millionen Gesamtmittel seiner

Wahlkampforganisation eigenfinanziert. Der Rest stammt aus Spenden,

hinzu kommen ca. $3 Millionen von Super-PACs (alle Angaben Stand: Juni

2016). Damit hat sein Wahlkampf bisher nur einen Bruchteil des Wahlkamp-

fes von Clinton ($204 Millionen Wahlkampforganisation, $85 Millionen von

Super-PACs) und Sanders ($207 Millionen Wahlkampforganisation, keine

relevanten Super-PACs) gekostet. Quelle:

OpenSecrets.org

– Center for Res-

ponsive Politics,

http://www.opensecrets.org/pres16/

[Stand: 20.06.2016].

mensen Personalkosten ihres Wahlkampfs bestreiten. Die

Kandidaten setzen daher sog.

bundlers

ein: gut vernetzte

Personen von lokalen Politikgrößen bis hin zu Holly-

woodstars, die eine große Anzahl von Spendern möglichst

für den Höchstbetrag von $ 5.400 zusammentrommeln.

Oft geschieht dieses

fundraising

bei Galadinners, wo häu-

fig auch der Kandidat selbst einen kurzen Auftritt macht.

Die

bundlers

sind überaus begehrte und umworbene poli-

tische Verbündete, die mit besonderem Zugang zum Kan-

didaten und anderen Aufmerksamkeiten belohnt werden.

Eine Alternative zu Spenden des Maximalbetrages sind

Kleinspenden von zwei- bis dreistelligen Beträgen. Von

diesen Kleinspenden braucht ein Kandidat natürlich sehr

viele, aber sie lassen sich auch mit wesentlich geringerem

Aufwand einwerben; das Internet spielt hier eine zentrale

Rolle. Es war Barack Obama, der 2008 dieses Konzept

erfolgreich gegen die finanziell wesentlich besser vernetzte

innerparteiliche Rivalin Hillary Clinton einsetzte. 2016

gelang es Bernie Sanders auf diesem Weg nahezu finan-

zielle Waffengleichheit mit Clinton zu erreichen. Der

entscheidende Kniff bei Kleinspenden ist die niedrigere

Hemmschwelle und dann die Möglichkeit für die Kan-

didaten, die Kleinspender später erneut um Geld zu bit-

ten. Kleinspenden haben sich als ein probates Mittel für

Graswurzelkandidaten erwiesen, um mit dem politischen

Establishment konkurrieren zu können.

Letztlich gibt es seit der Entscheidung des Obersten

Gerichtshofes

Citizens United v. Federal Election Com-

mission

von 2010 noch eine weitere, überaus kontroverse

Möglichkeit der Wahlkampffinanzierung: vom Kandida-

ten unabhängige, aber mit ihm verbündete Organisationen

der politischen Meinungsbildung, die sog. Super-PACs. 

22

De facto sind Super-PACs parallele Wahlkampforganisati-

onen zur Unterstützung eines Kandidaten, die z.B. Wahl-

werbung im Fernsehen schalten. Sie dürfen ihre Strategie

nicht mit der offiziellen Wahlkampforganisation des Kan-

didaten koordinieren, doch oft werden sie von einem poli-

tischen Vertrauten des Kandidaten geleitet. Vor allem aber

dürfen die Super-PACs unbegrenzte Spendenmittel von

Unternehmen oder Gewerkschaften annehmen und sind

an wesentlich schwächere Transparenzauflagen gebunden.

Super-PACs sind deswegen so kontrovers, weil sie es vor

allem superreichen Spendern ermöglichen, denWahlkampf

22 Super-PAC steht für

Super Political Action Committee

.

Political Action

Committees

waren vor allem seit den 1980er Jahren politische Gruppen,

die für bestimmte politische Themen und Gesinnungen Werbung machten

und damit indirekt einen Kandidaten unterstützten. Die neuen Super-

PACs sind „super“, weil sie nahezu keiner finanziellen Beschränkung mehr

unterliegen.