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„Ein Denkmal des Friedens und der Arbeitskraft des Deutschen Reiches“
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
organisierten Versammlung.
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Helds Vorschläge fanden
breite Zustimmung, die Versammlung befürwortete das
Projekt nachdrücklich und forderte das Reich sowie die
Länder Preußen und Hessen, es tatkräftig zu unterstützen.
Es folgten eine Reihe ähnlicher Veranstaltungen, dar-
unter auch eine in München. An dieser nahm auch der
König teil, der Held bei dieser Gelegenheit den Titel eines
Geheimen Hofrates verlieh und damit „den Dank der
Krone für seine wertvollen Bemühungen um das Zustan-
dekommen des Projekts zum Ausdruck“ brachte.
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Am 16. April 1917 tagte dann in Nürnberg ein „Arbeits-
ausschuss“ der an dem Projekt „Großschifffahrtsstraße“
Interessierten. Hier wurde die Gründung des Unterneh-
men vorbreitet und ein „Arbeitsvertrag“ zwischen diesem
und dem bayerischen Staat ausgearbeitet, dessen Gegen-
stand die Erstellung eines „Detailprojekts für die Groß-
schifffahrtsstraße“ war.
Als Mitglieder waren der bayerische Staat, das Deut-
sche Reich, das Großherzogtum Baden und andere inte-
ressierte Bundesstaaten sowie eine „Vereinigung der Inte-
ressenten“ vorgesehen. Letztere umfasste drei Gruppen:
1. Die Vereinigung der bayerischen Städte, 2. die im bay-
erischen Handelstag vereinigten Handelskammern, bzw.
von Gruppen aus Industrie und Handel, 3. die außerbay-
erischen Interessenten. Das „Konsortium“ selbst sollte aus
einem „geschäftsführender Ausschuss“ – dem „Strombei-
rat“ – und der Gesellschafterversammlung bestehen.
Währenddessen ging Held auf eine neuerliche „Pro-
pagandareise“, die ihn u.a. nach Essen und Düsseldorf
führte, und auch hier stießen seine vor großem Publikum
und viel Prominenz aus Wirtschaft und Politik vorgetra-
genen Pläne auf große Resonanz. Der Mobilisierung vor
allem der österreichischen, aber auch weiterer bayerischer
Interessenten diente eine große Versammlung, die am
18. Juni 1917 in Linz veranstaltet wurde. Hier hat man
auf Helds Anregung hin einen österreichischer „Zweck-
verband zur Vertretung der Belange der oberen Donau“
sowie eine „bayerisch-österreichische Arbeitsgemeinschaft
für die Herstellung eines Großschifffahrtsweges Rhein-
Main-Donau“ ins Leben gerufen.
Den krönenden Abschluss all dieser Aktivitäten bildete
die Gründungsversammlung des „Stromverbandes“. Sie
fand am 22. Dezember 1917 im großen Sitzungssaal des
Rathauses zu Nürnberg statt. Erster Vorsitzender wurde
der Vertreter Bayerns, Staatsrat v. Graßmann, Zweiter der
43 Held/Brüschwien (wie Anm. 1), S. 109.
44 Ebd., S. 110.
Vertreter des Reiches, Ministerialdirektor Ottmann vom
Reichsverkehrsministerium, Dritter Oberbürgermeister
Dr. Geßler, der Vertreter der übrigen Interessenten.
Trotz aller tiefgreifender Veränderungen der politischen
Verhältnisse in den nächsten Jahren und Jahrzehnten war
die Realisierung des Projekts „Rhein-Main-Donau-Kanal“
jetzt nicht mehr aufzuhalten. Helds Kalkül erwies sich als
richtig: Angesichts der allgemein anerkannten großen
nationalen Bedeutung dieses Projekts und der bereits
getätigten Investitionen, deren Umfang von Jahr zu Jahr
wuchs, konnte das Reich seine Unterstützung nicht mehr
verweigern. Damit lag die Entscheidung über den Bau
dieser Wasserstraße letztlich bei Bayern, und hier erwar-
tete man an sich von dieser derartig große Vorteile, dass
man sie auf jeden Fall haben wollte.
Und so war Heinrich Held Ende des Jahres 1917 an
seinem Ziel angelangt. Die von ihm geschaffenen gesetzli-
chen und vertraglichen Grundlagen erwiesen sich als derar-
tig tragfähig, dass sie auch die Niederlage und die Revolution
überdauerten. Am 30.12.1921 wurde der Stromverband
durch die Rhein-Main-Donau AG abgelöst, die in der
Folge im Auftrag des Reiches und Bayerns den Ausbau der
Rhein-Main-Donau-Wasserstraße durchgeführt hat.
Fazit
Ein „Denkmal des Friedens“ ist der Rhein-Main-Donau-
Kanal gewiss nicht, aber ebenso wenig ein Paradebeispiel für
die Verschwendung öffentlicher Mittel. Denn zu dem Zeit-
punkt, als man dieses Projekt in Angriff nahm, versprach
es große wirtschaftliche und (militär-) strategische Vorteile.
Eine andere Frage ist, ob dies auch für seine Vollendung gilt,
den Bau des Kanals zwischen Bamberg und Kelheim, der erst
1960 in Angriff genommen wurde. Aber diese wird erst zu
beantworten sein, wenn die Akten der Rhein-Main-Donau-
AG der Forschung uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
Hinweis:
Das Donau-Schiffahrts-Museum Regensburg führt
anlässlich des Jubiläums der Entscheidung für den
Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals am 13./14. Okto-
ber 2017 eine Tagung durch. Hier werden die unter-
schiedlichsten Aspekte thematisiert, die mit dieser
Wasserstraße in Zusammenhang stehen. Informati-
onen dazu erhalten Sie unter:
Donau-Schiffahrts-Museum Regensburg, Postfach 110 510, (D) 93018 Regensburg, oder per E-Mail: kontakt@dsmr.de.