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Über die gesellschaftliche Bedeutung des Amateurfußballs
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
die Hochschulleitung das – sportlich durchaus erfolgrei-
che – Männerteam sogleich vom Spielbetrieb ab.
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Was
der US-amerikanischen Öffentlichkeit geblieben ist, ist
eine lautstark geführte Debatte über die männlich-chauvi-
nistische Prägung des sogenannten
„locker room talk“,
die
mit dem Skandal um die abschätzigen Äußerungen des
damaligen US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump
Mitte des Jahres 2016 ihren Anfang genommen hatte.
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Abgesehen davon, dass es sich vermutlich um einen
besonders verwerflichen Einzelfall handelt, ist die Kultur,
die in einem Männerfußballteam einer US-amerikani-
schen Eliteuniversität gelebt wird, von jener, die in einem
durchschnittlichen deutschen Amateurfußballverein zu
beobachten ist, ohnehin verschieden. Schließlich sind in
den USA die Mitglieder von College-Sportmannschaften
häufig lokale Berühmtheiten, deren Wettkämpfe spek-
takulär inszeniert werden und vor hunderten oder sogar
tausenden Zuschauern stattfinden. Deshalb legen die Prot-
agonisten womöglich außerhalb des Platzes entsprechende
Allüren und Verhaltensweisen an den Tag, die man hierzu-
lande selbst von höherklassig spielenden Amateurfußbal-
lern nicht erwarten würde. Dennoch, spätestens seit der
„locker room talk“
-Affäre um Donald Trump fragen sich
auch in Deutschland viele Menschen, was Männer in ihren
Umkleidekabinen vor und nach dem Sport so alles von
sich geben. Fälle, vergleichbar dem an der Harvard Uni-
versity, sind zwar bislang noch nicht bekannt geworden.
Unzweifelhaft ist aber, dass auch in den meisten deutschen
Fußballumkleiden einem bestimmten Männlichkeitsideal
gehuldigt wird, das mit einer gewissen Abwertung von
Frauen und sexuell anders orientierten Personen verknüpft
ist. So sind die Umkleidekabinen von Amateurfußball-
vereinen beispielsweise weiterhin Orte der Heteronorma-
tivität: Eine heterosexuelle Orientierung wird dort zur
Norm erhoben, was durchaus auch mit der Artikulation
entsprechender diskriminierender Haltungen einhergehen
kann. Homosexuellen Fußballern wird es auf diese Weise
erschwert, ihre Identität in diesem Umfeld öffentlich zu
machen. Stattdessen müssen sie sich teilweise verstellen,
um sich nicht des „Schwulenverdachts“
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auszusetzen.
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6 Vgl. http://www.ballesterer.at/heft/kommentare/die-welt-als-kabine.html [Stand: 15.12.2016].37
Vgl. http://edition.cnn.com/2016/10/11/health/trump-locker-room-talk- reaction/ [Stand: 03.03.2017]38 Nina Degele: „Ich dusch nur mit dem Arsch zur Wand“: Verletzungsmacht
und Verletzungsoffenheit als simultane Konstruktion von Heteronormati-
vität, in: On and Off the Field – Fußballkultur in England und Deutschland
| Football Culture in England and Germany, hg. v. Anthony Waine/Kristian
Naglo, Wiesbaden 2014, S. 85–104, hier S. 95.
Fazit
Gemeinsame sportliche Ziele verbinden ohne Frage ganz
unterschiedliche Menschen. Im Austausch mit anderen
kommt es zum Abbau von Vorurteilen, zur Befriedigung
materieller wie immaterieller Bedürfnisse und zur Ver-
ständigung über gesellschaftliche Normen und Werte.
Dies geschieht sowohl auf dem Fußballplatz, wo man als
Mitglied einer Mannschaft immer auch Rücksicht auf
die Belange der Teamkameraden nehmen muss, als auch
neben dem Platz, wo man im Gespräch mit Vereinskolle-
gen von Lebensanschauungen erfährt, die man selbst viel-
leicht nicht teilt.
Wissenschaft und Politik sollten den Amateurfußball,
als teilnehmermäßig größten und vielfältigsten Sport in
Deutschland, unbedingt weiter im Blick behalten. Bislang
richtet sich das Augenmerk leider vorwiegend auf den
Profifußball, der sich in vielerlei Hinsicht stark vom Ama-
teurfußball unterscheidet. So legen die Verantwortlichen
in den drei Profiligen sowie den obersten Amateurklassen
des Fußballbetriebs den Fokus fast ausschließlich auf den
sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg, während in den
unteren Ligen, in denen der Großteil der vielen aktiven
Fußballer hierzulande anzutreffen ist, vor allem der soziale
Zusammenhalt oder die erfolgreiche Arbeit mit Kindern
und Jugendlichen zählt.
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Auch und gerade deswegen ist
es wichtig, sich der gesellschaftlichen Bedeutung des Ama-
teurfußballs bewusst zu werden.
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Vgl. Tim Frohwein: Kurzzusammenfassung der Studie „Erfolgsfaktoren von Amateurfußballvereinen“, o.O. 2016, S. 2, verfügbar unter: https://www. bfv.de/cms/docs/Kurzzusammenfassung_Erfolgsfaktoren_Amateurfuss ballvereine.pdf [Stand: 11.01.2017].Foto: Tim Frohwein