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Israel: Start-ups, Siedler und „smarte Pazifisten“

Einsichten und Perspektiven 3 | 17

Die Klagemauer im Herzen der Jerusalemer Altstadt ist die zentrale Glaubensstätte des israelischen Staates. Jüdinnen und Juden schreiben Danksagungen

oder Wünsche auf kleine Zettel und stecken sie in die Ritzen der Mauer.

Zweistaatenlösung versus Status Quo

Wer dieser Tage Israel besucht und die depressive Stim-

mung insbesondere in Jerusalem, wo die „Messer-Inti-

fada24“ kein Ende nimmt und die religiösen Befindlich-

keiten immer wieder zu Aggressionen führen, zu spüren

bekommt, ist fast gewillt, den zahlreichen Stimmen zu

glauben, die sich, wie der eingangs zitierte Abgeordnete

der Likud-Partei, von einer Zweistaatenlösung verabschie-

det haben. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Zustim-

24 Der Begriff „Intifada“ geht auf das arabische Verb für „sich erheben,

abschütteln“ zurück und steht für die Aufstände der Palästinenser

gegen Israel. Die erste Intifada, die oftmals verharmlosend als „Krieg

der Steine“ betitelt wird, dauerte von 1987 bis 1991 und bezeichnet

den zivilen Ungehorsam, der schließlich in palästinensischen Terror

und Gewaltakten auf beiden Seiten eskalierte. Der zweite Aufstand, als

Al-Aqsa-

Intifada bekannt, begann im Jahr 2000 mit Protesten gegen

den Besuch des von mehr als tausend Polizisten begleiteten israelischen

Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem Tempelberg. Wieder folgte

eine massive Gewaltwelle – erst 2005 vereinbarte Palästinenserpräsident

Abbas mit Scharon einen Waffenstillstand im ägyptischen

Sharm el-

Sheikh

. Israelische Medien haben für die gehäuften Angriffe auf Israelis

seit Oktober 2015 den Begriff „Messer-Intifada“ geprägt. Vgl. beispiels-

weise Israel Harel: Netanyahu Is Helpless in the Face of Palestinian

Solidarity, in: Ha’Aretz, 03.03.2016,

http://www.haaretz.com/opinion/.

premium-1.706666 [Stand: 20.09.2017].

mung dazu sowohl auf Seiten der Israelis als auch der

Palästinenser auf einem Tiefpunkt ist.25 Seit nunmehr

fünfzig Jahren ist der jüdische Staat eine Besatzungsmacht

und das Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern

scheint festgefahrener denn je. Das liegt nicht zuletzt in

der Haltung des wichtigsten Vermittlers im Friedenspro-

zess begründet. Die Unsicherheit über die zukünftige

Ausrichtung der Nahost-Politik des amtierenden US-Prä-

sidenten Donald Trump lähmt. Auch nach dessen Reise

in die Region, auf der sowohl Israelis als auch Palästinen-

ser versuchten, das Beste für sich aus dessen außenpoliti-

scher Indifferenz zu ziehen, steht keinesfalls fest, in wel-

che Richtung sich die diplomatischen Bemühungen der

Amerikaner entwickeln werden, konkrete Pläne bekam

niemand zu hören. Solange der Kurs der Vereinigten Staa-

25 „Eine knappe und schrumpfende Mehrheit hält die Zwei-Staaten-Lösung

für wünschenswert, eine ebenso knappe, aber wachsende Mehrheit der Is-

raelis und der Palästinenser geht aber davon aus, dass angesichts der poli-

tischen Realität diese Zwei-Staaten-Lösung nie umgesetzt werden wird“,

fasst das in Tel Aviv ansässige ARD-Korrespondentenbüro die jüngsten

Umfragen zusammen. Vgl. Peter Kapern: Aus für Zwei-Staaten-Lösung?

Israel denkt Zukunft neu, 15.02.2017,

https://www.tagesschau.de/aus-

land/nahost-239.html [Stand: 20.09.2017].