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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16
Mein Kampf
in Lehrplänen und Schulbüchern
In der 11. Jahrgangsstufe gibt es einen eigenen Schwer-
punkt „11.2.2 Hitlers willige Volksgenossen? Die Deut-
schen und der Holocaust“, in dem auch auf die NS-
Ideologie einzugehen ist: „‚Volksgemeinschaft‘: Ideologie
(u.a. völkische Traditionen) und inszenierte Lebenswirk-
lichkeiten im NS-Staat (u.a. Führerkult und Propaganda)
als Pendant zum antisemitischen Feindbild“ sowie „NS-
Antisemitismus im Verhältnis zum traditionellen Antise-
mitismus“ lauten hier die Vorgaben. An geeigneten Stellen
(Entnazifizierung; Auseinandersetzung mit der national-
sozialistischen Vergangenheit; 68-er Bewegung) ist im
Gymnasium auch bei der Behandlung der Nachkriegsge-
schichte ein Rückbezug auf
Mein Kampf
denkbar.
Auch im LehrplanPlus ist in der 9. Jahrgangsstufe zum
einen die Behandlung der „Krisenjahre der jungen Repu-
blik bis 1923“ vorgesehen: „Dabei berücksichtigen sie ins-
besondere die Situation in Bayern und den Hitler-Putsch.“
In diesem Zusammenhang kann auch
Mein Kampf
thema-
tisiert werden. Zum anderen ist explizit die „Ideologie des
Nationalsozialismus“ zu behandeln: „Die Schülerinnen
und Schüler […] stellen einen Zusammenhang zwischen
NS-Ideologie und politischem Handeln her, indem sie
verschiedene Bereiche der NS-Politik untersuchen.“ In der
11. Jahrgangsstufe steht das Thema („Zentrale Aspekte der
nationalsozialistischen Weltanschauung“) noch einmal
auf dem Programm, wobei wiederum ein „Zusammen-
hang zwischen NS-Ideologie und politischem Handeln“
hergestellt werden soll.
Dieser Überblick zeigt, dass in allen Schularten außer der
Grundschule dieThematisierung von
Mein Kampf
möglich,
ja sogar angezeigt ist, einmal im Zusammenhang mit den
krisenhaften Anfangs- und Endjahren der Weimarer Repu-
blik (Hitlerputsch 1923 und Aufstieg des Nationalsozialis-
mus) und einmal im Zusammenhang mit der Behandlung
des Nationalsozialismus selbst, insbesondere der national-
sozialistischen Ideologie, gelegentlich auch der Propaganda.
Die Thematisierung des Aufarbeitungskontextes von
Mein
Kampf
, also der Umgang mit Hitlers Schrift nach 1945,
bietet sich in der Fachoberschule bzw. Berufsoberschule
an sowie künftig in der 10. Jahrgangsstufe der Realschule
(Geschichtskultur). So kann etwa im Rahmen der Ausein-
andersetzung mit dem nationalsozialistischen Erbe oder der
Kritik der so genannten Achtundsechziger-Bewegung an
der unbewältigten NS-Vergangenheit auf den Umgang mit
Mein Kampf
nach 1945 eingegangen werden.
Bei einer realistischen Unterrichtsplanung ist allerdings
davon auszugehen, dass in der Regel jeweils nicht mehr
als ein bis zwei Stunden auf
Mein Kampf
und die NS-
Ideologie verwendet werden können. Gleichwohl kann
Hitlers Schrift bei verschiedenen Themen illustrierend,
erschließend, verdeutlichend oder zusammenfassend her-
angezogen werden, ohne dass sie stets im Mittelpunkt des
Unterrichts stehen muss.
Mein Kampf
im Schulbuch
Um beurteilen zu können, welche Rolle Hitlers
Mein
Kampf
in der Schule spielt, ist es notwendig, einen Blick in
die Schulbücher, insbesondere für das Fach Geschichte, zu
werfen. Auch wenn ein empirischer Beweis fehlt, lässt sich
mit einer gewissen Plausibilität behaupten, dass das Schul-
buch als Leitmedium den Unterricht prägt, da es allen
Beteiligten zur Verfügung steht, die Inhalte des Lehrplans
strukturiert, für den Lehr- und Lernprozess einschlägige
Materialien bietet sowie entsprechende methodische Vor-
schläge enthält. Ob und inwieweit es im konkreten Unter-
richt Verwendung findet, lässt sich nur schwer beurteilen.
Doch ist davon auszugehen, dass die Lehrkräfte bei der
Planung ihres Unterrichts das Buch konsultieren und dass
die Schülerinnen und Schüler darauf zurückgreifen, wenn
sie sich über Unterrichtsinhalte informieren wollen.
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Die Kultusministerien lassen für den Schulgebrauch
nur solche Bücher zu, die bestimmte Kriterien erfüllen;
insofern müssen sie lehrplankonform gestaltet sein. Mit-
hin werden alle vorgeschriebenen Inhalte in den geneh-
migten Werken thematisiert, wobei die konkrete Gestal-
tung den Autoren und den Verlagen überlassen bleibt.
Für die folgende Bestandsaufnahme wurden alle in Bay-
ern genehmigten Geschichtsschulbücher berücksichtigt.
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Dabei ist zu bedenken, dass das kombinierte Lehr- und
Arbeitsbuch sich seit den 1960er Jahren als dominierende
Form des Schulgeschichtsbuchs herausgebildet hat. Die
Besonderheit ist, dass in einem Darstellungstext – wie in
einem Sachbuch – die historischen Themen erläutert und
in einem – getrennten oder integrierten – Quellen- oder
Arbeitsteil Lernmaterialien wie Quellen, Karten, Schaubil-
der usw. präsentiert werden. Die folgende Übersicht zeigt
(mit Hilfe des Symbols
•)
, in welchen Schulgeschichts-
büchern
Mein Kampf
im Darstellungstext ausdrücklich
erwähnt wird und in welchen längere oder kürzere Aus-
züge in den Quellen- oder Arbeitsteilen zu finden sind.
Auch wenn in Lehrplänen die Beschäftigung mit
Mein
29 Als Einführung: Bernd Schönemann/Holger Thünemann: Schulbucharbeit.
Das Geschichtslehrbuch in der Unterrichtspraxis, Schwalbach im Taunus
2010.
30 Die Kriterienkataloge sowie die Listen der zugelassenen Schulbücher fin-
den sich unter:
http://www.km.bayern.de/lehrer/unterricht-und-schulle-ben/lernmittel.html [Stand: 30.06.2016] .