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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

Mein Kampf

in Lehrplänen und Schulbüchern

rinnen und Schüler recht anspruchsvoll ist. Gleichwohl

bieten sich auch hier, wie später zu zeigen sein wird, ver-

gleichsweise einfache Zugänge an. Im neuen LehrplanPlus

für das Fach Geschichte/Politik/Geografie heißt es: „Die

Schülerinnen und Schüler beschreiben Methoden und

Ziele der NS-Propaganda und vergleichen die Rolle der

Medien in Demokratie und Diktatur.“ An dieser Stelle

kann z.B. thematisiert werden, wie

Mein Kampf

als Buch

insgesamt und wie einzelne Zitate propagandistisch einge-

setzt wurden. Die Förderschulen orientieren sich grund-

sätzlich am Lehrplan für die Mittelschule und adaptieren

diesen je nach Förderschwerpunkt für die Bedürfnisse der

jeweiligen Schülerschaft.

Realschule:

In der 9. Jahrgangsstufe sind bei der

Behandlung der Weimarer Republik („G 9.4 Erfolg und

Scheitern der Weimarer Republik“) für die „Anfangs-

jahre“ die „Belastungen und Bedrohungen“ zu thema-

tisieren, unter die unter anderem auch der Hitlerputsch

von 1923 subsummiert ist. Unter „G 9.5 Totalitäre Herr-

schaft, Zweiter Weltkrieg und die Folgen“ ist dann „vor

dem Hintergrund heutiger individueller Freiheiten“ expli-

zit eine Beschäftigung „mit totalitären Ideologien“, ins-

besondere der „Ideologie und Anhängerschaft des Nati-

onalsozialismus“, vorgesehen. Auch wenn

Mein Kampf

nicht explizit genannt wird, bietet sich eine Einbeziehung

von Hitlers Schrift an. Auch an geeigneten Stellen der

Nachkriegsgeschichte, etwa im Zusammenhang mit der

Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Ver-

gangenheit, kann darauf verwiesen werden.

Laut LehrplanPlus sollen die Schülerinnen und Schüler

„einen Zusammenhang zwischen NS-Ideologie und Vor-

gehen der Nationalsozialisten“ herstellen und „den men-

schenverachtenden Charakter der nationalsozialistischen

Ideologie“ erkennen. Zudem kann in der 10. Jahrgangs-

stufe im Rahmen des Lernbereichs „Geschichtskultur –

wie wir mit Geschichte umgehen“ auf den Umgang mit

Mein Kampf

nach 1945 und insbesondere in der Gegen-

wart eingegangen werden.

Wirtschaftsschule:

In der den beruflichen Schulen

zugeordneten Wirtschaftsschule stehen in der 8. Jahr-

gangsstufe im Geschichtsunterricht im Rahmen von „8.5.

Weimarer Republik“ die „Krisenjahre bis 1923“ auf dem

Programm und dann in der 9. Jahrgangsstufe explizit die

„nationalsozialistische Weltanschauung“: Die Schülerin-

nen und Schüler „kennen und beurteilen zentrale Ele-

mente der nationalsozialistischen Ideologie“.

Im LehrplanPlus wird für das Fach Geschichte/Sozial-

kunde stärker die Auswirkung der NS-Ideologie betont,

wenn es heißt: „Die Schülerinnen und Schüler […] erklä-

ren den gesteuerten Prozess der Verankerung des natio-

nalsozialistischen Gedankengutes im Dritten Reich und

die damit einhergehende Ausgrenzung, Verfolgung und

Vernichtung von Minderheiten, um die Notwendigkeit

des Schutzes von Menschenrechten und Toleranz in einer

Demokratie einschätzen zu können.“

Berufsschule:

Im Fach Sozialkunde – ein eigenstän-

diger Geschichtsunterricht ist in dieser Schulart nicht

vorgesehen – ist in der 11. Jahrgangsstufe im Rahmen

der Behandlung der „Demokratie in der Bundesrepublik

Deutschland“ auch ein Rückblick auf die nationalsozia-

listische Diktatur vorgesehen. Die Vorgabe „weltanschau-

liche Grundlagen (z.B. Rassenmythos, Führerprinzip,

Ablehnung demokratischer Prinzipien, autoritäre Herr-

schaft)“ legt einen Rückgriff auf Hitlers

Mein Kampf

nahe.

27

Fachoberschule/Berufsoberschule:

In der Vorklasse

der BOS ist das „Krisenjahr 1923“ ebenso Unterrichts-

gegenstand (Lerngebiet Zwischenkriegszeit) wie die NS-

Ideologie. Die Schülerinnen und Schüler „gewinnen

Einblick in die NS-Weltanschauung und erkennen das

System als von Grund auf verbrecherisch“. Im Folgejahr

(FOS11/BOS 12) widmet sich ein eigenes Lerngebiet dem

„Umgang mit Demokratie und Diktatur in Deutsch-

land nach 1945“, ermöglicht einerseits einen Rückblick

auf den Nationalsozialismus, stellt aber die Auseinander-

setzung mit dieser Epoche in der Nachkriegszeit in den

Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang kann auch auf

Mein Kampf

und den Umgang nach 1945 eingegangen

werden.

28

Gymnasium:

In der 9. Jahrgangsstufe kann im Rah-

men von „9.1 Weimarer Republik“, wenn es um die „Kri-

senjahre bis 1923: Reparationen, Inflation, extremistische

Gefährdungen“ geht, nicht nur der Hitlerputsch, sondern

auch die Entstehung von

Mein Kampf

thematisiert wer-

den. Im Abschnitt „9.2 Nationalsozialismus und Zweiter

Weltkrieg“ wird dann deutlich darauf hingewiesen, dass

sich der Nationalsozialismus „weltanschaulich als Gegner

sowohl des westlichen Liberalismus als auch des Sowjet-

kommunismus versteht“; zudem ist eine Behandlung der

„Ideologie des Nationalsozialismus, u.a. ‚Rassenlehre‘,

Antisemitismus und ‚Führergedanke‘“ explizit vorgesehen.

27 Eine genauere Analyse der in Nordrhein-Westfalen verwendeten Schul-

bücher findet sich bei Ulrich Baumgärtner:

Mein Kampf

in deutschen

Schulbüchern. Fachwissenschaftliche Grundlagen und unterrichtsprakti-

sche Konsequenzen, in: Christian Kuchler (Hg.): NS-Propaganda im 21.

Jahrhundert. Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung, Köln

u.a. 2014, S. 79–102, hier S. 90–99.

28 Der LehrplanPlus lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.