13
Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16
Mein Kampf
in Lehrplänen und Schulbüchern
rinnen und Schüler recht anspruchsvoll ist. Gleichwohl
bieten sich auch hier, wie später zu zeigen sein wird, ver-
gleichsweise einfache Zugänge an. Im neuen LehrplanPlus
für das Fach Geschichte/Politik/Geografie heißt es: „Die
Schülerinnen und Schüler beschreiben Methoden und
Ziele der NS-Propaganda und vergleichen die Rolle der
Medien in Demokratie und Diktatur.“ An dieser Stelle
kann z.B. thematisiert werden, wie
Mein Kampf
als Buch
insgesamt und wie einzelne Zitate propagandistisch einge-
setzt wurden. Die Förderschulen orientieren sich grund-
sätzlich am Lehrplan für die Mittelschule und adaptieren
diesen je nach Förderschwerpunkt für die Bedürfnisse der
jeweiligen Schülerschaft.
Realschule:
In der 9. Jahrgangsstufe sind bei der
Behandlung der Weimarer Republik („G 9.4 Erfolg und
Scheitern der Weimarer Republik“) für die „Anfangs-
jahre“ die „Belastungen und Bedrohungen“ zu thema-
tisieren, unter die unter anderem auch der Hitlerputsch
von 1923 subsummiert ist. Unter „G 9.5 Totalitäre Herr-
schaft, Zweiter Weltkrieg und die Folgen“ ist dann „vor
dem Hintergrund heutiger individueller Freiheiten“ expli-
zit eine Beschäftigung „mit totalitären Ideologien“, ins-
besondere der „Ideologie und Anhängerschaft des Nati-
onalsozialismus“, vorgesehen. Auch wenn
Mein Kampf
nicht explizit genannt wird, bietet sich eine Einbeziehung
von Hitlers Schrift an. Auch an geeigneten Stellen der
Nachkriegsgeschichte, etwa im Zusammenhang mit der
Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Ver-
gangenheit, kann darauf verwiesen werden.
Laut LehrplanPlus sollen die Schülerinnen und Schüler
„einen Zusammenhang zwischen NS-Ideologie und Vor-
gehen der Nationalsozialisten“ herstellen und „den men-
schenverachtenden Charakter der nationalsozialistischen
Ideologie“ erkennen. Zudem kann in der 10. Jahrgangs-
stufe im Rahmen des Lernbereichs „Geschichtskultur –
wie wir mit Geschichte umgehen“ auf den Umgang mit
Mein Kampf
nach 1945 und insbesondere in der Gegen-
wart eingegangen werden.
Wirtschaftsschule:
In der den beruflichen Schulen
zugeordneten Wirtschaftsschule stehen in der 8. Jahr-
gangsstufe im Geschichtsunterricht im Rahmen von „8.5.
Weimarer Republik“ die „Krisenjahre bis 1923“ auf dem
Programm und dann in der 9. Jahrgangsstufe explizit die
„nationalsozialistische Weltanschauung“: Die Schülerin-
nen und Schüler „kennen und beurteilen zentrale Ele-
mente der nationalsozialistischen Ideologie“.
Im LehrplanPlus wird für das Fach Geschichte/Sozial-
kunde stärker die Auswirkung der NS-Ideologie betont,
wenn es heißt: „Die Schülerinnen und Schüler […] erklä-
ren den gesteuerten Prozess der Verankerung des natio-
nalsozialistischen Gedankengutes im Dritten Reich und
die damit einhergehende Ausgrenzung, Verfolgung und
Vernichtung von Minderheiten, um die Notwendigkeit
des Schutzes von Menschenrechten und Toleranz in einer
Demokratie einschätzen zu können.“
Berufsschule:
Im Fach Sozialkunde – ein eigenstän-
diger Geschichtsunterricht ist in dieser Schulart nicht
vorgesehen – ist in der 11. Jahrgangsstufe im Rahmen
der Behandlung der „Demokratie in der Bundesrepublik
Deutschland“ auch ein Rückblick auf die nationalsozia-
listische Diktatur vorgesehen. Die Vorgabe „weltanschau-
liche Grundlagen (z.B. Rassenmythos, Führerprinzip,
Ablehnung demokratischer Prinzipien, autoritäre Herr-
schaft)“ legt einen Rückgriff auf Hitlers
Mein Kampf
nahe.
27
Fachoberschule/Berufsoberschule:
In der Vorklasse
der BOS ist das „Krisenjahr 1923“ ebenso Unterrichts-
gegenstand (Lerngebiet Zwischenkriegszeit) wie die NS-
Ideologie. Die Schülerinnen und Schüler „gewinnen
Einblick in die NS-Weltanschauung und erkennen das
System als von Grund auf verbrecherisch“. Im Folgejahr
(FOS11/BOS 12) widmet sich ein eigenes Lerngebiet dem
„Umgang mit Demokratie und Diktatur in Deutsch-
land nach 1945“, ermöglicht einerseits einen Rückblick
auf den Nationalsozialismus, stellt aber die Auseinander-
setzung mit dieser Epoche in der Nachkriegszeit in den
Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang kann auch auf
Mein Kampf
und den Umgang nach 1945 eingegangen
werden.
28
Gymnasium:
In der 9. Jahrgangsstufe kann im Rah-
men von „9.1 Weimarer Republik“, wenn es um die „Kri-
senjahre bis 1923: Reparationen, Inflation, extremistische
Gefährdungen“ geht, nicht nur der Hitlerputsch, sondern
auch die Entstehung von
Mein Kampf
thematisiert wer-
den. Im Abschnitt „9.2 Nationalsozialismus und Zweiter
Weltkrieg“ wird dann deutlich darauf hingewiesen, dass
sich der Nationalsozialismus „weltanschaulich als Gegner
sowohl des westlichen Liberalismus als auch des Sowjet-
kommunismus versteht“; zudem ist eine Behandlung der
„Ideologie des Nationalsozialismus, u.a. ‚Rassenlehre‘,
Antisemitismus und ‚Führergedanke‘“ explizit vorgesehen.
27 Eine genauere Analyse der in Nordrhein-Westfalen verwendeten Schul-
bücher findet sich bei Ulrich Baumgärtner:
Mein Kampf
in deutschen
Schulbüchern. Fachwissenschaftliche Grundlagen und unterrichtsprakti-
sche Konsequenzen, in: Christian Kuchler (Hg.): NS-Propaganda im 21.
Jahrhundert. Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung, Köln
u.a. 2014, S. 79–102, hier S. 90–99.
28 Der LehrplanPlus lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.