

Muß man für spannende Szenen
auch mal Kopf und Kragen riskieren?
Ja, unbedingt. Ich erinnere mich zum
Beispiel an ein Ereignis in der afrika–
nischen Savanne: Da sehe ich doch in
einem Tümpel eine Gruppe mächtiger
Flußpferde, die ja sonst meist nur in
Flüssen oder Seen anzutreffen sind.
Ich - nur die tolle Großaufnahme vor
Augen - nahe heran und übersehe
dabei, daß auch ein Weibchen mit
seinem Jungen darunter ist. Das Mut–
tertier erspäht mich und saust los, ge–
radewegs auf mich zu. Vor lauter
Schreck stolpere ich dann noch dazui
nur dadurch, daß mein afrikanischer
Begleiter sofort reagiert und das Tier
ablenkt, indem er gotterbärmlich
schreit und wild mit den Armen her–
umfuchtelt, werde ich gerettet.
Sicher haben Sie solche Situationen
öfter erlebt?
Darauf können Sie Gift nehmen. Un–
vergessen bleibt mir z. B. auch ein Er–
lebnis in der Arktis, wo ich Eisbären
filmen wollte. Nachdem ich schon ei–
nige Tage vergeblich gewartet hatte,
tauchte plötzlich ein Prachtexemplar
von einer Bärin mit zwei Jungen auf–
eine wahre Königin der Polarwelt.
Ich, wieder nichts wie hinterher,
obwohl mich die Eskimos warnten.
Nach etwa einer Stunde legte sich die
Dame hin und säugte ihre Kinder -
die Szene war einfach grandios.
Dann aber schliefen die drei, und
mehrere Stunden tat sich gar nichts.
Um der Langeweile abzuhelfen, warf
ich ein kleines Steinehen in die Nähe
der schlummernden Familiei das
zeigte Wirkung. Die Bärin stand auf
und kam auf mich zu. Geistesgegen–
wärtig nahm ich eine lmponierhal–
tung ein, und mit Glück kam ich rück–
wärts laufend aus dieser Bredouillei
meine Kamera mußte ich allerdings
fürs erste stehen lassen.
Wurden Sie auch einmal verletzt?
Nein. Ich habe immer Glück gehabt.
Allerdings sollte man dazu sagen,
daß wirkliche Gefahr nur entsteht,
wenn man sich falsch verhält:
'
Sie haben unzählige Tiere in der
freien Wildbahn beobachtet. Was
fasziniert Sie daran besonders?
Die unglaubliche Genialität der Na–
tur, die Millionen von verschiedenen
Wegen, auf denen sich das Leben
dieser Erde entfaltet. Manchmal
treibt dies sehr seltsame Blüten: Ich
möchte hier nur einmal die Lauben–
vögel anführen, die im Hochland von
Neuguinea zu finden sind. Eine Art
unter ihnen, nämlich der Kurzschopf-
16 SCHULE
aktuell
gärtnervogel, baut z. B. eine Liebes–
laube, die er fantastisch mit Blüten,
Moos und blinkenden Schalenteil–
chen von Insekten ausschmückt. Die
Architektur ist bestechend - man
kommt sich vor wie in einem Traum,
wenn man diesem gefiederten Bau–
meister bei der Arbeit zusieht.
Inwiefern unterscheiden sich Tiere in
der freien Wildbahn von Zootieren?
Wenn man davon ausgeht, daß jedes
Tier ein angeborenes Verhaltensre–
pertoire hat, so gibt es eigentlich we–
nig Unterschiede. Und in den groß-
"Hunde mit
Schühchen
und
Deckehen
sind
eine Schande!
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. zügig angelegten Freigehegen von
heute können sich die Tiere relativ
natürlich entfalteni die Zeit, in der
man Tiere sozusagen als wilde Be–
stien in engen Käfigen zurSchau ge–
stellt hat, ist ja Gott sei Dank vorbei.
Auch als erklärter Tierschützer beur–
teilen Sie also die Tierhaltung im Zoo
grundsätzlich positiv?
Durchaus! Die Zoodirektoren haben
heute in der Regel hervorragende
Kenntnisse über das Verhalten der
Tiere, zudem werden sie von sehr gu–
ten Veterinärmedizinern in ihrer Ar–
beit unterstützt. Dazu sollte man noch
eines berücksichtigen: Die Züch–
tungserfolge in den Zoos sind heute
so weit fortgeschritten, daß die Tiere
nicht mehr in Afrika oder sonstwo ge–
fangen werden müssen- man beein–
trächtigt also nicht die Population im
Freiland. Ich bin ein Freund von vor–
bildlich geführten Tiergärten!
Worin sehen Sie den Nutzen der Tier–
gärten für die Allgemeinheit?
Zunächst lernen die Leute Tiere - vor
allem auch fremdartige- kennen, sie
bekommen Einblicke in eine andere
Welt. Sicher ist damit auch eine ge–
wisse Faszination verbunden, die be–
stimmt nicht selten in das Bewußtsein
mündet, daß es traurig wäre, wenn
diese Geschöpfe von der Erde ver–
schwänden. Kurz und gut, im Zoo be–
kommt man positive Denkanstöße.
Wie muß Ihrer Meinung nach der
Mensch allgemein mit Tieren - gera–
de auch mit Haustieren- umgehen?
ln einer artspezifischen Weise, so wie
es Mutter Natur vorlebt! Natürlich
schließt das auch eine Überbehütung
ausi Hunde, die mit Schühchen und
Deckehen durch die Gegend laufen,
sind eine Schande. Und wenn sie
dann noch mit Pralinen oder Schoko–
lade gefüttert werden, kann man von
Tierquälerei sprechen.
Sollte man dann Kindern überhaupt
Tiere schenken?
Durchaus, aber man muß sie vorher
darauf vorbereiten. Ein kleines Buch
über die artgerechte Haltung des Tie–
res sollte daher das erste Geschenk
sein. Andererseits können Kinder im
Umgang mit Tieren, die ihnen selbst
gehören, sehr viel lernen, vor allem
auch Verantwortungsbewußtsein.
ln Zirkusmanegen vollführen Tiere
"unnatürliche" Kunststücke. Muß
man da nicht in gewissem Sinne von
Tierquälerei sprechen?
Nein! Sie können aus einem Tier
nichts herausholen - auch nicht mit
der Peitsche - was es nicht besitzt.
Tierlehrer, ich möchte bewußt nicht
den martialischen Begriff Dompteure
verwenden, sind Menschen, welche
die Begabung besitzen, sich in das
Verhaltensrepertoire ihrer Tiere hin–
einzufühlen. Sie verstehen es, deren
bestimmte Eignungen für die Show zu
spezialisieren. Am besten geht das,
wenn beide - Tier und Mensch -
Spaß an der Sache haben. Natürlich
erreicht man das im Regelfall nur mit
Tieren, die in der Gefangenschaft
geboren und von klein auf an den
Partner Mensch gewöhnt wurden.
Leider kann man das Verhältnis
zwi–
schen Mensch und Tier nicht immer
als partnerschaftlieh bezeichnen. Ein
Extremfall ist hier sicherlich die Mas–
sentierhaltung.
Das ist ein Greuel! Wenn ich allein an
die Hallen mit 2000 und mehr Enten
oder Gänsen denke, die Tag und
Nacht dem künstlichen Licht ausge–
setzt sind, oder an die Legebatterien,
in denen die Hühner nur noch "picke,
picke" machen können, so überläuft
mich ein kalter Schauer. Auch unse-
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