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aviso 1 | 2017
NISCHEN IM FOKUS
:
COLLOQUIUM
rechts
Mixtvision will mit einem
unkonventionellen Bilder-,
Kinder-, und Jugendbuch-
programm Menschen neugierig
machen auf die Welt und auf
sich selbst.
Erfolgsrezept der kleinen unabhängigen Verlage ist die klare
inhaltliche Ausrichtung und der Fokus auf besondere The-
men. Diese resultieren oftmals aus den spezifischen Interes-
sen und fachlichen Herkunftsrichtungen der VerlegerInnen,
über die Caroline Sieveking sagt: »Wir haben alle spezifische
Biografien und Lebenswege in unterschiedlichsten Sparten,
die uns an diese Position gebracht haben und uns für ganz
unterschiedliche Themen und Projekte brennen lassen.« In
ihrem eigenen Fall ist es das Kunstbuch, das sie in ihremVer-
lag in einzigartiger Qualität produziert.
KLAREN VISIONEN DER
MacherInnen, die Fähigkeit des Quer-
denkens gegen denMainstream und der unmittelbare, inten-
sive Kontakt zu AutorInnen schaffen eine klare inhaltliche
Akzentuierung; sorgfältiges Arbeiten – sei es im Lektorat
oder in der Herstellung – bringen Qualitätsprodukte her-
vor, die sich vommassenproduzierten Mainstream abheben.
Der lichtung Verlag, von Hubert Ettl vor über zwei Jahrzehn-
ten gegründet und seit 2014 vom VerlegerInnen-Duo Eva
Bauernfeind und Kristina Pöschl geführt, arbeitet seit über
zwei Jahrzehnten unter diesen Prämissen und gilt als Platt-
form für anspruchsvolle Literatur aus Ostbayern schlecht-
hin. Verlegt werden Romane, Erzählungen, Lyrikbände in
Hochsprache oder auf Bairisch, Fotobände und Sachbücher
zu zeitgeschichtlichen Themen. »Die Verleger kleiner unab-
hängiger Verlag sind Experten auf ihremGebiet: Sie kennen
die Szene genau, sind innerhalb dieser Szene gut vernetzt und
bekommen mit, wenn sich Neues tut«, sagen sie.
EBENFALLS EIN
»alter Hase« unter den bayerischen Kleinver-
legern ist der Volk Verlag, der seit 1997 unermüdlich seinem
Motto »Lust auf Bayern« folgt. Die dreibändige Ausgabe
»München-Boazn« ist wohl der attraktivste Kneipenführer,
den diese Stadt zu bieten hat. Und ohne die Aufzeichnun-
gen von Else Behrend-Rosenfeld, um nur ein weiteres Bei-
spiel aus dem umfangreihen Programm zu nennen, wäre die
Dokumentation jüdischer Geschichte inMünchen um einiges
ärmer. Die ganze Palette von E bis U glaubhaft zu vermit-
teln, versteht Verleger Michael Volk hervorragend und folgt
damit konsequent seiner Überzeugung: »Unabhängige Ver-
lage müssen kontinuierlich ihr Profil schärfen und ihre Kom-
petenz untermauern, und fahnden demzufolge beständig
nach neuen Inhalten.«
Exzeptionell in ihrer Ausrichtung und damit auf Erfolgskurs
ist auch Mona Horncastle mit ihrem gleichnamigen Verlag –
mit ihren Kunstbüchern für Kinder, die zumTeil aus den von
ihr zudem initiierten Bildungsprojekten hervorgehen, hat sie
ihren Platz in der bayerischen Verlagslandschaft gefunden:
»Als kleiner unabhängiger Verlag habe ich die Möglichkeit,
idealistische Titel zu verlegen... unsere Nische ist klein, aber
fein, und sie zu besetzen erfordert ein Denken außerhalb des
großenMarktes.«Mit ihremAnsatz und ihrer intensiven Au-
torenbetreuung ist Mona Horncastle auch für AutorInnen
wie Manuela von Perfall interessant, die ihre Kunst-Krimi-
Reihe für Kinder ab 2017 im Horncastle Verlag publizieren
wird. Auch der starfruit publications Verlag hat mit Katrin
Röggla, Dietmar Dath oder Gerhard Falckner AutorInnen
im Programm, die einerseits bei großen Verlagen wie S. Fi-
scher oder Piper veröffentlichen, aber andererseits offenbar
für ihre Texte noch ein zweites, weniger kommerzielles Stand-
bein brauchen. Das kann Verleger Manfred Rothenberger
ihnen bieten, der die »Nische unabhängiger Verlag nicht als
Flucht- oder Schmollwinkel, sondern als Chance und Heraus-
forderung« begreift. Wie seine MitstreiterInnen profitiert er
von den schnelleren Realisierungsmöglichkeiten in kleinen
Verlagen. »Ohne das Schielen auf schnelle Rendite ist bei
unabhängigen Verlage der Weg zwischen der Begeisterung für
eine Buchidee und deren Realisierung ziemlich kurz. Wo in
großen Verlagen in der Regel Marketingspezialisten, Markt
auguren und Renditeerwartungen über das Verlagsprogramm
entscheiden, ist bei unabhängigen Verlagen nur eine einzige
Instanz dafür verantwortlich: das (selten von Vernunft
gesteuerte) Herz des Verlegers bzw. der Verlegerin.«
DAS KALKULIEREN MIT
geringeren Stückzahlen ist in der Tat
eine der Stärken kleiner Verlage, die sie im täglichen Arbei-
ten schneller, entscheidungsfreudiger und mutiger für Pro-
jekte sein lassen, die plötzlich eine Dringlichkeit haben (z. B.
die im Peter Kirchheim Verlag erschienene und von Fridolin
Schley herausgegebene »Fremd«-Anthologie).
Der Kampf um die Sichtbarkeit
In der quantitativen Überschaubarkeit liegt für die kleinen
Verlage einerseits die Chance, mit einem geringeren finanzi-
ellen Risiko zu kalkulieren, andererseits liegt darin mithin