aviso - Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern - page 46

der ehemaligen Ziegelgewölbe neu eingezogenen
Betondecken. Als bester ›Schallschlucker‹ galt
damals Asbest. Johannes Ludwig erklärte: »Die
Architektur sei nicht nur auf das Auge, sondern
auch auf das Ohr abgestellt worden«.
Zum Niederknien – aber nicht ganz freiwillig
Als 1967 das Museum eröffnet wurde, war bei
vielen die Begeisterung groß, nicht nur über den
Reichtum und die Qualität der Sammlung, son-
dern auch über die Monumentalität und die Pracht
der Räume. Der polierte dunkelgrüne Serpentin,
der nicht nur die Böden, sondern auch Treppen,
Innenrahmen der Durchgänge, Wandsockel und
Brüstungen bedeckt, der sandfarbene Tuffstein
und die roten Lochziegel gaben den Räumen et-
was Feierliches. Die angestrebte »Atmosphäre der
antiken Schatzhäuser«, wo in den griechischen
Heiligtümern die der Gottheit geweihten Gegen-
stände aufbewahrt wurden, war erreicht. Dass die
Vasenvitrinen immer etwas entfernt, am besten
im rechten Winkel zur Wand stehen mussten, da-
mit nicht der optisch stark sprechende Tuffstein
die zarten Vasenbilder übertönte, störte damals
kaum jemanden. Die Größe der Räume zwang zur
Wahl von großformatigen Vitrinen, damit diese
den Raumdimensionen einigermaßen standhal-
ten konnten. Die großen, eigens für diesen Bau
entworfenen Vitrinen stehen auf einem niedrigen
Sockelband und können in drei Etagen die Ausstel-
lungsobjekte zeigen. Zur näheren Betrachtung der
in den unteren Etagen ausgestellten Vasen muss
man sich entweder tief beugen oder in die Knie
gehen, was von den Besuchern seit der Eröffnung
bis heute beklagt wird.
Zu heiß und nicht barrierefrei
Andere Probleme des Museums sind jedoch gra-
vierender. Aufgrund des riesigen, durchgehenden
Glasdaches heizen sich im Sommer die Ausstel-
lungsräume enorm auf. Die vorhandene Lüftung
reicht zur Kühlung nicht aus. Das Aufbringen ei-
nes Sonnenschutzanstriches auf die Gläser, wie
man es schon 1967 durchführte, um die Hitzeein-
strahlung zu mindern, hat sich auf Dauer nicht
bewährt. So muss regelmäßig von Mai bis August
nach einer Folge von Sonnentagen das 2. Oberge-
schoss, die sogenannte ›Brücke‹, wegen gesund-
heitsgefährdender Raumtemperaturen für alle
geschlossen werden.
Noch mehr stört
aber Besucher und auch
Museumsmitarbeiter, dass das Gebäude keinen
Aufzug hat. Zwar gibt es mit dem Schacht der ehe-
maligen klassizistischen Wendeltreppe eine ideale
Diese detaillierten Planungen
wurden 1962, in
Absprache mit der Sammlungsdirektion, noch einmal über-
arbeitet mit dem Ziel einer noch stärkeren Vereinfachung,
man kann auch sagen, Monumentalisierung der Räume. So
verzichtete man jetzt auf die Galerien und all die genannten
Wandvitrinen. Die Grundidee war: Alle Vasenvitrinen sollen
frei stehen. Deshalb wurden unter die Fußböden, neben den
Heizungsrohren, auch Stromkabel verlegt und in den Fuß-
bodenbelag nach einem bestimmten Raster entsprechende
Stromauslässe für die Standvitrinen installiert. Natürlich
wusste der Architekt, dass Steinfußböden und Glasdecken
bei solch großen Räumen akustische Probleme bringen wür-
den und so ließ er die Wände mit schallschluckendem Ma-
terial bedecken: Poröser, oft löchriger Tuffstein und Loch-
ziegel. Darüber hinaus überzog er mit ›schallschluckendem
Putz‹ nicht nur die Betondecke auf der Unterseite der ›Brü-
cke‹, sondern auch im ganzen Untergeschoss die anstelle
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Renaissance des zeichnens?
Werkstatt
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