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aviso 1 | 2017
NISCHEN IM FOKUS
:
COLLOQUIUM
Artenvielfalt ist
Nischenvielfalt –
Biodiversität
im Bayerischen Wald
Text:
Gerhard Haszprunar
»Die ökologische Nische ist das Funktionsnegativ der Art« –
so steht es in den Lehrbüchern der Biologie geschrieben, die
jeder angehende Ökologe gelernt haben sollte. Als »Nische«
bezeichnetman inderÖkologie daher all jene Faktoren, diemit
den verschiedenen Funktionen von Organismen verbunden
ist, irrelevant, ob es sich um Einzeller, Pflanzen, Pilze oder
Tiere handelt. Nischen werden sowohl durch sogenannte
abiotische Faktoren als auch durch andere Organismen
in einem Ökosystem definiert: Einerseits also notwendige
oder bevorzugte physikalische oder chemische Bedingungen
wie etwa Temperatur, Feuchte oder Salzgehalt, aber auch
andererseits Strukturen zum Siedeln wie etwa der Boden-
oder Gesteinstyp. Organismische, biologische Faktoren sind
beispielsweise Futterpflanzen oder Wirte, Wurzelsymbionten
oder Schädlinge, Bestäuber oder Fressfeinde. Die Nische hat
daher – anders als der Wortgebrauch in der Alltagssprache –
nicht nur eine räumliche Dimension, sondern ist grundsätzlich
dynamisch, nämlich funktionell zu verstehen. Oder anders
ausgedrückt: Jede Art (Species) besetzt eine arteigene Nische,
einen spezifischen »Beruf« oder eine »Rolle« in einem
Ökosystem. Überlappen sich (mehrere) ökologische Nischen
verschiedener Arten, dann stehen diese Arten in Konkurrenz
zueinander um die Ressourcen, sei es Licht und Nährstoff
bei Pflanzen, Futter oder Nistplatz bei Tieren.
ie Anzahl an Nischen eines Habitats bzw. die damit
zwangläufig verbundene Erfassung der Biodiversität
ist allerdings keineswegs eine rein theoretische
Angelegenheit der Ökologie, sondern ganz im Gegenteil
von essenzieller Bedeutung für das jeweilige Ökosystem: Je
mehr Arten ähnliche Nischen besetzen, sich also in ihrem
»Beruf« auch gegenseitig vertreten können, umso besser
ist dieses Ökosystem gegen Störungen, äußere Einflüsse
und Katastrophen geschützt. Oder mit anderen Worten:
Artenvielfalt macht den Wald, das Feld, die Wiese, den See
oder den Fluss gegen Krisen robust.
Die Krux an der Sache ist nun aber, dass sich insbesondere
die tierische Artenvielfalt ganz generell und auch hier in
Deutschland nicht aus jenen großen, auffälligen und bunten
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