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Bunte Koalitionsrepublik Deutschland
Einsichten und Perspektiven 2 | 17
durch die Etablierung der PDS/Linkspartei unter Druck
gesetzt. Diese positionierte sich anfangs als Radikalopposi-
tion, zugleich schlossen die anderen Parteien eine Zusam-
menarbeit mit ihr an der Regierung aus. Nur langsam
öffnete sich die SPD für Bündnisse mit der Linken, was
aber vor allem für die neuen Länder gilt, wo sich der Refor-
merflügel in der PDS/Linkspartei häufig durchsetzte und
entsprechend ein gemäßigt-pragmatischer Kurs eingeschla-
gen wurde. Dennoch nahm in der Konsequenz die Wahr-
scheinlichkeit von Mehrheiten für Zweier-Konstellationen
ab. Das Aufkommen der Piratenpartei und seit 2013 der
Alternative für Deutschland hat diese Entwicklung weiter
angetrieben. Einerseits führte das zu einer zunehmenden
Zahl Großer Koalitionen, andererseits waren die Parteien
gezwungen, sich Gedanken über mögliche Dreierkoalitio-
nen zu machen.
8
Da das deutsche politische System föderal
aufgebaut ist und die Länder über ähnliche institutionelle
Strukturen wie die Bundesebene verfügen, äußerte sich das
zunächst vorrangig auf Länderebene.
9
8 Vgl. Niko Switek: Unpopulär aber ohne Alternative? Dreierbündnisse als
Antwort auf das neue Fünfparteiensystem, in: Karl-Rudolf Korte (Hg.):
Bundestagswahl 2009: Analysen der Wahl-, Parteien-, Kommunikations-
und Regierungsforschung, Wiesbaden 2010, S. 320–344.
9 Vgl. Frank Decker: Regieren im „Parteienbundesstaat“. Zur Architektur der
deutschen Politik, Wiesbaden 2011.
Länder als Koalitionslabore
Wähler messen Landtagswahlen häufig eine geringere
Bedeutung zu als Bundestagswahlen – was sich an in der
Regel niedrigerenWahlbeteiligungen ablesen lässt. Sie sind
hier eher bereit, ihre Stimme einer anderen oder neuen
Partei zu geben.
10
Veränderungen im Parteiensystem deu-
ten sich somit auf dieser Ebene zuerst an.
11
Zugleich sind
die Politikfelder, für welche die Länder ausschließliche
Kompetenzen haben, tendenziell weniger konfliktreich als
im Bund, was die Hürden für eine Zusammenarbeit senkt
und den Spielraum für Experimente vergrößert (so hat
beispielsweise die Außenpolitik so gut wie keine Relevanz
in der Landespolitik).
Zwar haben wir im Bund bislang nur Regierungen aus
CDU und FDP auf der einen und SPD und Grünen auf
der anderen Seite sowie Große Koalitionen aus Union und
Sozialdemokraten gesehen, allerdings deuten sich durch
die zwei Großen Koalitionen in kurzer Folge unterschwel-
lig Verschiebungen an.
10 Vgl. Karl-Rudolf Korte: Wahlen in Deutschland, Bonn
8
2013.
11 Vgl. Thomas Bräuninger/Marc Debus: Parteienwettbewerb in den deut-
schen Bundesländern, Wiesbaden 2012.
Im Bundestag vertretene Parteien 1949–2013
’49 ’53 ’57 ’61 ’65 ’69 ’72 ’76 ’80 ’83 ’87 ’90 ’94 ’98 ’02 ’05 ’09 ’13
CDU /CSU
SPD
FDP
DP
Grüne
Zentrum
PDS/LINKE
KPD
GB/
BHE
BP
WAV
DKP/
DRP
SSW
Anmerkung: CDU – Christlich-Demokratische Union Deutschlands; CSU – Christlich-Soziale Union in Bayern; SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschlands;
FDP – Freie demokratische Partei; DP – Deutsche Partei; KPD – Kommunistische Partei Deutschlands; BP – Bayernpartei; WAV – Wirtschaftliche Aufbau-Vereini-
gung; DKP/DRP – Deutsche Konservative Partei/Deutsche Rechtspartei; SSW – Südschleswigscher Wählerverband; GB/BHE – Gesamtdeutscher Block/Bund der
Heimatvertriebenen und Entrechteten; PDS/Linke – Partei des Demokratischen Sozialismus/Linkspartei
Quelle: Eigene Darstellung