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aviso 1 | 2015
DIGITALE WELTEN
COLLOQUIUM
Traumatherapeuten und Trauma-Ambulanzen fin-
det man beispielsweise auf den Internetseiten der
Deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie
(DeGPT) oder des Deutschen Instituts für Psy-
chotraumatologie (DIPT). Traumapsychothera-
pie kann mit einer medikamentösen Behandlung
kombiniert werden. Zum Beispiel wird Patientin-
nen und Patienten, die unter PTBS-assoziierten
Schlafstörungen oder selbstverletzendemVerhalten
leiden, in der Trauma-Ambulanz des Max Planck-
Instituts für Psychiatrie angeboten, sich parallel
zur Psychotherapie auch einer symptomatischen
medikamentösen Behandlung zu unterziehen.
Petra wird bald in eine Psychiatrische Klinik verlegt.
Dort wird zunächst eine Panikstörung, eine Post-
traumatische Belastungsstörung (PTBS) festgestellt.
Nach ein paar Tagen, vielen Gesprächen und der
Einnahme eines schlaffördernden Antidepressivums
geht es Petra etwas besser. Sie freut sich sogar, dass
Jessi vorbeikommt, um sie zu besuchen.
Dem Pflegepersonal auf Station fällt irgendwann
auf, dass Petra Mitpatienten Geld bietet, um ihre
Smartphones benutzen zu können. Die Assistenzärz-
tin spricht Petra darauf an. »Ist doch normal - wer
ist schon gerne offline? Ich habe kein Problem mit
dem Internet,« entgegnet Petra schnippisch. Die Ärz-
tin teilt ihr daraufhinmit, dass sie finde, dass Petra
ein selbstschädigendiges Verhalten und eine Sucht-
erkrankung, nämlich eine Internetabhängigkeit,
habe. Petra wird zunächst sehr wütend, muss aber
später zugeben, dass die Psychiaterin Recht hat. Petra
hat nämlich einem Mitpatienten 50 Euro geboten,
um 5 Minuten online zu gehen – und das, obwohl
sie bereits verschuldet ist und anderen Patienten
wegen Ausleihen von Computern undHandys schon
ein paar hunderte Euro schuldet. Irgendwann sieht
Petra auch ein, dass sie seit Jahren unter einemprob-
lematischen Internetkonsum leidet und dass sich die-
ser nach demÜberfall zu einer Internetabhängigkeit
mit Internetkaufsucht entwickelt hat.
Der wichtigste Bestandteil der Behandlung der
Internet-Sucht ist eine spezielle Verhaltenspsy-
chotherapie. Die erste Phase jeder Entwöhnungs-
therapie beinhaltet neben der Aufklärung über die
Erkrankung auch die Festigung der Therapiemoti-
vation der Betroffenen. Nur wenn ein Suchtpatient
seine Erkrankung als Erkrankung anerkennt und
wenn er oder sie bereit ist, sich der anstrengenden
Behandlung zu unterziehen, kann eine Entwöh-
nungstherapie erfolgreich sein. Eine der besonderen
Schwierigkeiten der Internet-Entwöhnungsthera-
pie ist, dass das Internet sehr einfach und überall,
auch daheim, mit einem einfachen »Klick« ver-
fügbar ist und zu unserem Alltag dazugehört. Die
Schwelle, das Internet zu nutzen, ist dadurch sehr
gering und liegt beispielsweise deutlich niedriger
als die Schwelle, sich auf den Weg zu einer Spiel-
bank zu machen.
Petra wird in eine Psychosomatische Klinik verlegt,
in der alle drei Erkrankungen, also die Panikstö-
rung, die PTBS und die Internetabhängigkeit behan-
delt werden. Diese Therapie ist sehr anstrengend –
irgendwann erkennt Petra, dass es notwendig ist,
sich genau den Situationen auszusetzen, vor denen
sie die meiste Angst hat. Sie muss nach einer Vor-
bereitungsphase immer wieder alleine raus gehen,
darf das Internet vorerst gar nicht öffnen und soll
gemeinsammit den Therapeuten den Ort des Über-
falls aufsuchen. Das alles ist entsetzlich, aber wir-
kungsvoll. Petra ist immer wieder kurz davor, die
Therapie abzubrechen, aber sie hält durch. Die Angst
nimmt von Tag zu Tag ab. Die Therapie kann nach
einigen Wochen ambulant fortgesetzt werden – in
einer Trauma-Ambulanz und in einer Spezialam-
bulanz für Internetabhängigkeit. Im folgenden
Semester nimmt Petra ihr Studium und ihren Job
weder auf. Sie geht noch über ein Jahr zur ambu-
lanten Psychotherapie. Petra kann ihr Leben wie-
der genießen – auch ohne Internet. Sie ist sich nach
der Therapie bewusst, dass sie eine Veranlagung
für Suchtverhalten hat.
Vorbeugende Maßnahmen
Was kann man tun, um der Entwicklung einer
Internetsucht, Internet-Spielsucht oder anderen
Internet-assoziierten psychischen Beschwerden vor-
zubeugen? Aufklärung ist eine besonders wirksame
Maßnahme, demAuftreten jedweder Suchterkran-
kungen vorzubeugen. Insbesondere Kinder und
Jugendliche sollten wiederholt über die Gefahren
der Nutzung digitaler Medien informiert werden.
Außerdem gibt es Filter-Programme, die demAuf-
rufen von nicht-kindgerechten Internetseiten ent-
gegenwirken. Solche Programme können zwar hilf-
reich sein, sind aber nicht in der Lage, den Konsum
nicht-altersgerechter Internetseiten oder Gewalt-
videos grundsätzlich zu verhindern. Daher sollte
man Kinder niemals unbeaufsichtigt das Internet
nutzen lassen und mit Jugendlichen regelmäßig
besprechen, welche Internetangebote sie am PC
und mit ihrem Smartphone konsumieren.
Sich selbst oder anderen grundsätzlich das Inter-
net zu versagen, ist nicht ratsam, da es zusammen
mit anderen digitalen Medien zu unserem Leben
rechts
Das Internet und das Medium PC sind allgegen-
wärtig – was das Suchtpotenzial erhöht.