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LOST IN ART
VON »CARINHALL« NACH MÜNCHEN –
KUNSTTROPHÄEN DES REICHSMARSCHALLS
IM BAYERISCHEN NATIONALMUSEUM
links
Verladen von Kunstwerken aus der »Sammlung Göring« auf einen Lastkraftwagen durch
Soldaten der 101st Airborne Division im Mai 1945. Neben dem LKW steht am Boden die
Statue des Hl. Georg. Das Bild, das auf den LKW verladen wird, ist das Gemälde »Adam und
Eva« von Franz Floris aus den Uffizien.
UNTERSTEIN/BERCHTESGADEN, MITTE MAI 1945:
»Hermann Goering’s
Art Collection through the Courtesy of 101st Airborne Division« – so steht es auf
einem großformatigen Schild, das vom Balkon des ehemaligen Erholungsheims
der deutschen Luftwaffe in Unterstein bei Berchtesgaden herabhängt. Dort hatte
die 101st Airborne Division eine Sammelstelle (»Collecting Point«) für die von
US-Soldaten sichergestellten Kunstwerke aus der Sammlung von Hermann Göring
eingerichtet. Als am 14. Mai 1945 der amerikanische Kunstschutzoffizier James
Rorimer – der später zum Direktor des Metropolitan Museum in New York avan-
cierte – in Unterstein eintraf, waren Soldaten der 101st Airborne Division bereits
damit beschäftigt, Kunstwerke aus einem Zug auszuladen, der dort in einem Tun-
nel abgestellt worden war. Den Hinweis auf dieses Versteck von »Göring«-Kunst-
werken hatte Görings Kunstberater Walter Andreas Hofer gegeben, der sich am
9. Mai den US-Truppen gestellt hatte. Die Bergung der in Unterstein gefundenen
Kunstobjekte wurde von Captain Harry Anderson organisiert, doch wurden dabei
auch Kunstwerke entwendet.
BERCHTESGADEN, ANFANG MAI 1945:
Der Sicherstellung der Kunstwerke
war der prestigeträchtige Wettlauf alliierter Truppenverbände um die Einnahme
des Obersalzbergs am 4. Mai 1945 vorausgegangen, bei dem amerikanische und
französische Truppenverbände miteinander rivalisierten. Die Konkurrenten waren
zwei Bataillone der 101st Airborne Division unter Colonel Robert F. Sink, Ein-
heiten der 2. Französischen Panzerdivision unter General Philippe Leclerc, dem
Befreier von Paris, sowie die 3. US-Division unter dem Kommando von Gene-
ral John O’Daniel. Diese von taktischen Manövern bestimmte Militäraktion der
Alliierten konnte schließlich ein Bataillon des 7. Infanterieregiments der 3. US-
Division für sich entscheiden: es traf am späten Nachmittag des 4. Mai 1945 in
Berchtesgaden ein, gefolgt von Soldaten der 10. Kompanie des 3. Bataillons des
»3e Régiment de marche du Tschad« und der 101st Airborne Division. Noch
am selben Tag entdeckten die Franzosen in Berchtesgaden die dort in einem
Tunnel versteckten, ausschließlich mit Kunstwerken aus dem Besitz von Göring
beladenen Eisenbahnwaggons. Diese wurden vom 4. bis 5. Mai von den Fran-
zosen, unter Beteiligung der einheimischen Bevölkerung, teilweise geplündert,
wobei neben einzelnen Kunstobjekten auch fast sämtliche originalen Dokumente
zur »Sammlung Göring« abhandenkamen. Fast alle der in Berchtesgaden und
Unterstein aufgefundenen Kunstwerke waren von »Carinhall« aus auf die Reise
nach Bayern geschickt worden.
Text:
Alfred Grimm