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aviso 3 | 2016

ANTHROPOZÄN - DAS ZEITALTER DER MENSCHEN

WERKSTATT

Umgang mit einem schwierigen Erbe

Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sind wie kein anderes staatliches Kunstmuseum

in Deutschland verpflichtet, sichmit dieser Epoche auseinanderzusetzen, bewahren sie doch

deutlich über 900Werke der Zeit, die ihnen gleichsamwider Willen anvertraut wurden. Das

wohl wichtigste Gemälde dieses Bestandes, nämlich Adolf Zieglers »Vier Elemente« von 1937,

war in den letzten gut zwei Jahrzehnten vielfach ausgestellt: in der Neuen Galerie in New

York, imPalazzo Strozzi in Florenz, imNew Yorker GuggenheimMuseum, aber auch in Berlin,

Bremen oder Ottawa. Wenn es nun – zu einer Zeit, da die Bayerischen Staatsgemäldesamm-

lungen Forschungen über die Überweisungen von Kunstwerken aus nationalsozialistischem

Staatsbesitz anstellen – innerhalb der Kunstgeschichte präsentiert wird, die im Rundgang

durch die Pinakothek der Moderne reflektiert wird, dann spielt die Frage eine zentrale Rolle,

wie mit einem so schwierigen Erbe umzugehen sei. Das einzige, was als gesichert anzuerken-

nen ist, dürfte sein: Man kann es nicht länger verbergen. Zwei, fast drei Generationen nach

Kriegsende ist es sinnvoll, in den Diskurs einzutreten und dies nicht anderen zu überlassen.

Denken, Sehen und Verstehen

In Saal 13 in der Pinakothek der Moderne werden nunmehr auf vier Wänden vier jeweils

eigene Thesen ausgebreitet, deren Ziel das differenzierte Denken, das konkrete Sehen und

das vertiefte Verstehen ist und deren Gestaltung sich dem Dialog mit dem Kurator für die

Klassische Moderne, Oliver Kase, verdankt. Neben Adolf Zieglers (Bremen 1892-1959 Varn-

halt) »Vier Elementen«, einem anspruchsvoll als Triptychon in der Tradition der Sakralkunst

angelegten Werk, das das normierende Menschenbild des Nationalsozialismus spiegelt, ver-

weist ein anderes Bild auf die großen, nach der Weltwirtschaftskrise unternommenen Bau-

projekte unter Adolf Hitler (Abb. 2). Zu demZeitpunkt, als die »Donaubrücke bei Leipheim«

entstand, war Carl Theodor Protzen (Stargard 1887-1956München) nahezu 50 Jahre alt und

doch noch nicht zu nennenswertemRuhm avanciert. Er hatte inMünchen und Paris studiert,

die Neue Münchner Künstlergenossenschaft gegründet und Landschaftsbilder, Stillleben

links

Blick in den Ausstellungssaal 13 in der

Pinakothek der Moderne mit Werken

von Adolf Ziegler und Carl Protzen (Abb. 2).

rechts

Blick in den Ausstellungssaal 13 in der

Pinakothek der Moderne mit Werken

von Georg Schrimpf, Edmund Steppes und

Franz Radziwill (Abb. 3).