Text:
Peter Fassl
AUF DEM ERSTEN
Vermessungsblatt aus dem 19. Jahrhun-
dert ist der heutige Gasthof Straub mit der Hausnummer 68
am Dorfanger gut zu erkennen. Der Dreiseithof stellt nach
der Kirche das größte Anwesen im Dorf dar, umfasst einen
Gasthof, ein Ökonomiegebäude mit Brauerei und hatte den
Hausnamen »zum Lagoi (Lagey)«.
Die Gaststätte wurde 1803 von Ignatz Wenger neu errichtet
(Bezeichnung amDachwerk), 1903 um einen Anbau nördlich
erweitert und neu verputzt. Im Innern wurden die Gaststube
und der Anbau des Festsaals imObergeschoss neu ausgemalt.
1968 wurde die Brauerei eingestellt und 1975 abgebrochen.
Überformungen der Nachkriegszeit hatten die Qualitäten
des Gebäudes fast unscheinbar gemacht.
DIE PLANUNGEN FÜR
die Restaurierung der Wirtschaft
reichen bis in das Jahr 1992 zurück. Edith Straub, unter-
stützt von ihrem Ehemann Josef, übernahm die Gaststätte
1996 von ihrer Schwiegermutter, die nur noch einen klei-
nen Ausschank betrieb. Schritt für Schritt wurde der his-
torische Zustand wieder hergestellt bzw. in Wert gesetzt,
zunächst die Fassade, dann die Fenster, schließlich die Innen-
einrichtung.
Von 1992 bis 2001 wurde der Gasthof von der Familie Straub
mit größter Sorgfalt denkmalpflegerisch saniert und wieder
in Betrieb genommen.
DIE ENTFERNTE FARBIGE
Rauputzfassung mit Nut- und
Eckrustika wurde rekonstruiert. Sie war 1903 angebracht
worden, um den Anbau zu integrieren. Die Fenster erhielten
einen geschwungenen Putzrahmen, die Garten- und Mauer
anlage mit Gitter stellte man wieder her. Ein Schmuckstück
sind die klassizistischen Türen von 1803. Die zweiflügelige
südliche Eingangstür unter demZwerchgiebel kommt einem
Schlossportal nahe. Die Jugendstilfassung der Holzdecke in
der Gaststube, die mehrfach übermalt war, wurde freigelegt
und ergänzt. Der helle Festsaal mit alten Leuchtern imOber-
geschoss besitzt noch seine neoklassizistische Ausmalung von
1903. Im Anbau finden sich eine Deckenmalerei mit Land-
schaftsbildern und den Porträts der Bauherren aus dieser
Zeit. Eine Besonderheit in der Gaststube ist das Salettl, ein
abgetrennter kleiner Raummit einem balusterartigen Gitter
für die Honoratioren, auch Affenkasten genannt. Zur histo-
rischen Ausstattung der Gaststube gehören die Wandvertä-
felung, Wandschränke, Kredenzen und der Kachelofen sowie
der Herd in der Küche. Die Eichendielen wurden neu verlegt.
aviso 3 | 2016
ANTHROPOZÄN - DAS ZEITALTER DER MENSCHEN
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DER »GASTHOF STRAUB« IN PFAFFENHOFEN
© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Fotos von Michael Forstner