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aviso 3 | 2017
AFRIKA IN BAYERN
COLLOQUIUM
sporische
Ein Interview mit Professorin Susan Arndt und Nadja Ofuatey-Alazard,
den Leiterinnen des BIGSAS Festivals afrikanischer und afrikanisch-
diasporischer Literaturen an der Universität Bayreuth.
aviso:
Frau Professorin Arndt, Frau Ofuatey-Alazard, was hat Sie beide inspiriert,
dieses Literaturfestival 2010 ins Leben zu rufen?
SUSAN ARNDT:
Als ich vor Jahren Sir Ralf Dahrendorf vorgestellt wurde, fragte
er die neuen Fellows des St. Antony’s Colleges der Reihe nach nach ihrer Profes-
sion. Ich war als letzte dran und entschlossen, mal nicht »African Studies« zu
sagen, sondern mich als Literaturwissenschaftlerin zu outen. »Ich beschäftige
mich mit afrikanischen Literaturen!«, sagte ich daher ebenso stolz wie unsicher.
Ich hoffte auf ein »Oh, wie interessant!« oder gar »Ah, und mit wem genau?«
des berühmten Soziologen. Doch leider entgegnete dieser nur trocken: »Oh, da
haben sie ja nicht viel zu tun.« Schweigen. Ja, afrikanische Literaturen werden
beschwiegen. Ich mache seit vielen Jahren gerne Stippvisiten in deutsche Buch-
läden und frage, ob sie afrikanische Autor*innen vorrätig hätten. In den besten
Fällen werde ich an die ganz großen von Wole Soyinka bis Chimamanda Adichie
verwiesen. In den traurigsten Fällen werden mir Bücher weißer Autor*innen von
Peter Scholl-Latour bis Corinne Hoffmanns »Die weiße Massai« unter dem Stich-
wort »afrikanische Literatur« angepriesen. Auch Schriftsteller*innen aus Afrika,
die in ihren Heimatländern Superstars sind, sind weiten Teilen der deutschen
Lese-Gesellschaft nicht bekannt. In der deutschen Wikipedia sind afrikanische
Schriftsteller*innen kaum vertreten – in Schulbüchern und Leseempfehlungen
für Schulen leider ebenfalls kaum. Das aber ist unerlässlich – und zwar nicht nur,
weil Literaturen Wissen aus Afrika erzählen. Literaturen sind ebenso wie ihre
Autor*innen in den Bibliotheken der Welt beheimatet. Sie sprechen über bestimmte
Zeiten und Räume und wirken stets über diese hinaus. Afrikanische Literatur-
geschichten sind von globaler Bedeutung und auch wissende Beobachter*innen
europäischer und deutscher Begebenheiten. Es war ein Traum, den ich seit lan-
gem hegte, diesen Literaturen in Deutschland ein Forum zu bieten, und als ich
meine Professur an der Uni Bayreuth antrat, fand ich hier die optimalen institu-
tionellen Rahmenbedingungen und Kolleg*innen vor – allem voran die Bayreuth
International Graduate School of African Studies (BIGSAS), die das Festival
beherbergt, und natürlich Nadja Ofuatey-Alazard.
NADJA OFUATEY-ALAZARD:
Als ich in die BIGSAS aufgenommen wurde, schil-
derte mir Susan Arndt ihren Traum eines jährlich stattfindenden Literaturfes-
tivals und ich war sofort begeistert. Da war natürlich mein Background im Kul-
tur- und Produktionsmanagement ebenfalls hilfreich. Wir konzipierten dieses
Festivalformat dann gemeinsam: Das Literaturfestival findet drei Tage lang im
Juni statt. Die Uni Bayreuth ist eine am Stadtrand gelegene Campusuniversität,
uns war es aber von Anfang an ein Anliegen, das Festival nicht im universitären
»Elfenbeinturm«, sondern im Herzen der Stadt stattfinden zu lassen – im Iwa-
lewahaus oder im Alten Schloss. So finden interessierte Bayreuther*innen un-
kompliziert den Weg zu uns und unsere Gäste fühlen sich als Teil der Stadtkultur.
ARNDT:
Das Bayreuther BIGSAS-Literaturfestival nimmt die globale und deut-
sche Präsenz afrikanischer Literaturen beim Wort und wendet sich jährlich
einem Thema zu, das für afrikanische Dynamiken wichtig und gleichzeitig mit
aviso-Gespräch