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aviso 3 | 2017
AFRIKA IN BAYERN
COLLOQUIUM
Linda Besigiroha M. A.
wurde 1983 in Kigali, Rwanda, geboren. Nach
ihrem Abitur in Uganda zog sie 2002 nach Bonn. Ihr 2003 begonnenes
Magister-Studium in Anglistik/Amerikanistik, Medienwissenschaften
und Ethnologie/Altamerikanistik schloss sie an der Rheinische-Friedrich-
Willhelm-Universität Bonn Ende 2008 erfolgreich ab. Sie arbeitet
freiberuflich im Bereich Kommunikation und ist seit 2013 Doktorandin der
Medienwissenschaft mit der Bayreuth International Graduate School of
African Studies (BIGSAS) an der Universität Bayreuth.
bigsas.uni-bayreuth.de/en/members_ of _ BIGSAS/junior _ fellows/
besigiroha _ linda/index.html
Mehr zu
Anne Kansiime
unter
kansiimeanne.ug Maya Angelou »Still I Rise« unter www.youtube.com/watch?v=qviM _ GnJbOMZum Weiterlesen
bell hooks, Feminism is for Everybody: Passionate Politics. Taylor and
Francis, Kindle version. Second edition, New York and London: Routledge
and Gloria Watkins, 2015
disziplinärer Forschungsarbeit zu Afrika und der
afrikanischen Diaspora anbot, übertraf alle meine
Erwartungen, denn ich stellte sofort fest, dass
BIGSAS wie eine große Familie war. Nicht nur,
dass sich unzählige Möglichkeiten wie finanzierte
Forschungsreisen und Konferenzbesuche eröff-
neten, um die eigene Arbeit einem breiten Pub-
likum vorzustellen und an globalen Netzwerken
teilhaben zu können. Auch gab es diverse Tref-
fen und Freizeitaktivitäten, um BIGSAS-Studie-
rende der Bayreuther Gemeinde näher zu bringen
und im konstanten Austausch zu bleiben – sei es
durch das BIGSAS Football Team, das gelegent-
lich gegen lokale Teams spielt; durch kleinere
Projekte wie die »BIGSAS School«, wo Promo
tionsstudierende (Junior Fellows) wissbegierigen
Bayreuther Gymnasiast*innen die Komplexität
Afrikas näherbringen oder durch große Events
wie das BIGSAS Literaturfestival, das jährlich
Autor*innen und kreative Köpfe aus Afrika, der
internationalen Diaspora und Deutschland im
sommergeküssten Bayreuth zusammenbringt.
Ich war begeistert vom BIGSAS Journalisten-
preis, ein Dankeschön der BIGSAS-Community
an Journalist*innen, die sich die (eigentlich ja
selbstverständliche) Mühe machen, differenziert
über Afrika zu berichten, statt (wie leider allzu oft
üblich) den Kontinent und seine Diasporen auf
eintönige Art zu präsentieren und so veraltete
Klischees von einem undifferenzierten Block des
Elends und der Korruption zu verfestigen.
Ihre Forschungsprojekte fingen die Studierenden
meist mit teils überambitionierten Vorstellungen
an und wurden dann durch ein Mentor*innen-
Team kompetent beraten und von einer Denkstation zur anderen be-
gleitet, bis sich ein realistisches Arbeitsvorhaben herauskristallisierte.
Natürlich kam es auch vor, dass der/die eine oder andere Junior Fellow
sich nicht so prächtig mit seinem/ihrem Team verstand, aber für viele
sind die Mentor*innen-Teams wie eine helfende, stützende Hand auf
einem holprigen Gehweg – oft hörte ich von Kolleg*innen, wie wichtig
das Gefühl einer Begegnung auf Augenhöhe für ihr wissenschaftliches
Selbstbewusstsein sei und war selbst froh, dieses Verhältnis in mei-
nem Team stets als Ressource zu haben. Nach ein, zwei Fehlstarts und
dank finanzieller Förderung durch die BIGSAS fand ich auch endlich
einen Titel und Arbeitsziele, mit denen ich hochzufrieden bin: »Das
Überdenken von Geschlechterrollen im zeitgenössischen Uganda«
anhand von Arbeiten einer ugandischen Komikerin namens Anne
Kansiime, die ich 2013 interviewte. Dabei wird Comedy als mediales
Genre diskutiert und Humor als soziale Praxis präsentiert, die gesell-
schaftliche Kohäsion schafft und kontroverse Themen enttabuisiert.
So lässt sich in Uganda das oftmals verfemte Thema des Feminis-
mus als Gegendiskurs zu veralteten und/oder menschenverachtenden
Geschlechterrollen näher an jedermann/frau bringen. Ich möchte,
dass das Thema des Feminismus aus seiner bisherigen ›Ghettoisierung‹
in Elite-Uni-Hörsälen kommt, wie von der ugandischen Feministin
Sylvia Tamale notiert, oder es auch von der US-amerikanischen Auto-
rin und Feministin bell hooks schon lange gefordert wird. Ebenfalls
raus aus dem Ghettodasein müssen auch die Gender-Themen! Wie es
derzeit in Uganda zu beobachten ist, werden diese Themen zwar für
politische Zwecke instrumentalisiert, während sich aber auf gesell-
schaftlicher Ebene wenig tut, mit der Folge, dass der Sexismus und an-
dere Ungleichheitsregimes andauernd bestätigt werden. Hier sind die
Medien als unumgängliche Partner zu verstehen, waren sie es doch, die
es ugandischen Frauen in vielerlei Hinsicht zuerst ermöglichten, stär-
ker in der Habermas’schen Öffentlichkeit zu agieren und nicht nur als
Anhängsel von Mann oder Familie wahrgenommen zu werden.
SEIT ÜBER ZWEI
Jahren wohne ich nun am anderen Ende Deutschlands,
zog von Bayreuth nach Bremen, nachdem ich dem inneren Wunsch,
Familie und Doktorvorhaben zu vereinbaren, gefolgt bin. Wie mein
Partner gerne sagt, ist unser fast 2-jähriger Sohnemann ein wahres
BIGSAS-Baby, da Papa ein BIGSAS -Alumnus ist. Wie einst in Bonn
finde ich mich nun oft alleine mit meinem Computer und meinen Ge-
danken und muss zuweilen darum kämpfen, motiviert zu bleiben. Aber
dennoch ist es anders als damals – ich fühle mich weiterhin als Teil der
BIGSAS-Familie und mein Mentor*innen-Team ist nur einen Skype-
Anruf entfernt. Also halte ich trotz manch müder ›Mutter-Tage‹ an
meinem Kurs fest.