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aviso 3 | 2017
AFRIKA IN BAYERN
COLLOQUIUM
verzweifelte Lage deutlich. Die Figurengruppe
bildet den unteren Teil eines Trinkgefäßes. Der
sich nach oben trichterförmig erweiternde Becher
entwickelt sich aus dem Rücken des Tieres. Die
Komposition ist ästhetisch ansprechend und gleich-
zeitig funktionsgerecht. Die Figuren bilden ein
Dreieck, Körper und Gliedmaßen formen sich kreu-
zende diagonale Achsen. Geschickt gestaltete der
Töpfer aus demKrokodilschwanz den Henkel des
Gefäßes. Weil die Figuren aus einer Form gepresst
wurden, ließen sich leicht Repliken herstellen. Tat-
sächlich sind neun Wiederholungen bekannt. Sie
alle gehen auf den athenischen Töpfer Sotades zu-
rück, der diese Vase um 460/450 v. Chr. geschaffen
hat. Bei demMünchner Exemplar ist die Haut des
Dr. Florian S. Knauß
ist Leitender Sammlungsdirektor der Staatlichen
Antikensammlungen und Glyptothek München. Alle in diesem Artikel
genannten Objekte befinden sich in den Staatlichen Antikensammlungen
München.
© Staatliche Antikensammlungen München
Afrikaners mit schwarzemGlanzton bemalt, seine Haare sowie Brauen
undWimpern sind braun gefasst, die Augen schwarz auf weißemGrund
gezeichnet. Von anderen Exemplaren wissen wir, dass das Krokodil
ursprünglich grün bemalt war.
KROKODILE UND SCHWARZE
(Nubier) brachten die Griechen mit
Ägypten in Verbindung. Aber das Bildmotiv ist nicht ägyptisch, son-
dern eine Erfindung des Sotades, der Krokodile offensichtlich nicht aus
eigener Anschauung kannte. Eine Interpretation des Bildes ist schwie-
rig. Sollten sich die Teilnehmer eines Symposions an dem exotischen
Motiv und demUnglück des armen Fremden ergötzen? Dass es sich um
einen derben Scherz handelte, legt die Inschrift auf einer auf Thasos
gefundenen Replik nahe. Sie lautet »das verliebte Krokodil«.
Das Bild der Griechen von den Fremden, die sie als Barbaren bezeich-
neten, war zwar uneinheitlich, vielfach jedoch von einem Überlegen-
heitsgefühl geprägt. Die herrschenden Aristokraten der archaischen
Zeit hatten noch eine größere Offenheit für Fremde besessen als etwa
die Bürger im demokratisch verfassten Athen klassischer Zeit, die ten-
denziell fremdenfeindlich waren.
IN RÖMISCHER ZEIT,
als das gesamte nordafrikanische Küstengebiet
Teil des ImperiumRomanumwar, tradierte sich das klischeehafte Bild
nahezu unverändert. Geräte – wie unser bronzener Weihrauchbehäl-
ter aus Luxor (Abb. 4) oder eine tönerne Öllampe (Abb. 5) – nehmen
gelegentlich die Gestalt eines Afrikaners an, wobei die Darstellung zwi-
schen einer präzisen Erfassung der Physiognomie und einer grotesken
Überzeichnung schwanken kann.
links oben
Abb. 2: Weinheber, attisch, um 490 v. Chr.
darunter
Abb. 3: Grausamer Zecherspaß, Trinkbecher des Töpfers Sotades,
attisch-rotfigurig, 460/450 v. Chr.
oben
Abb. 4: Bronzener Weihrauchbehälter aus Luxor, römisch,
1.-2. Jahrhundert n. Chr.
daneben
Abb. 5: Die Lampenschnauze, in der sich der Docht befand, hat der
Tonbildner scherzhaft als übergroße Zunge gebildet, die dem Afrikaner aus dem
Mund wächst. Öllampe aus Ton, römisch, 1. Jahrhundert n. Chr.