|42|
aviso 3 | 2017
AFRIKA IN BAYERN
COLLOQUIUM
Dr. David Zemanek
ist Ethnologe, öffentlich
bestellter und vereidigter Auktionator und tritt als
Sachverständiger für außereuropäische Kunst auf.
SAMMLER TRADITIONELLER AFRIKANISCHER KUNST IN BAYERN
Das Sammeln afrikanischer Kunst hat in Bayern eine lange Tradition.
Artefakte fremder Welten wurden von Fürsten in ihren Wunderkam-
mern und auch von wohlhabenden Bürgern gesammelt. Äußerst be-
gehrt waren Textilien und Flechtarbeiten der Kuba Kultur (D.R. Kongo)
und figural gestaltete Salzgefäße aus Elfenbein. Selbst Albrecht Dürer
erwarb in den Niederlanden zwei Gefäße der Sapi-Kultur (Sierra Leone).
Der Vorschlag von Philipp Franz von Siebold 1835 an König Ludwig von
Bayern, eine ethnographische Sammlung aufzubauen, wurde 1862 von
dessen Sohn Maximilian II. realisiert. 1801 gründeten der Lehrer Dr.
JohannWolf, der Kupferstecher Jakob Sturm und der Arzt Dr. Johann
Karl Osterhausen die Naturhistorische Gesellschaft (NHG) in Nürn-
berg, die ab 1882 die »Sektion für Anthropologie, Ethnologie und Urge-
schichte« einrichtete. Dies illustriert das Interesse der Bürger Bayerns
am Sammeln und Erforschen fremder Artefakte undWelten. Die deut-
sche Kolonialzeit (ca. 1880-1914) machte afrikanische Kunst hierzulan-
de bekannter, und führte zu einer Zunahme des privaten Sammelns. Zu
nennen sind hier vor allem die Künstler um den »Blauen Reiter«, Weg-
bereiter der Moderne und meist leidenschaftliche Liebhaber afrikani-
scher Kunst. Die ersten großen Privatsammlungen afrikanischer Kunst
entstanden in Deutschland, exemplarisch sei der Münchner Sammler
und Gründer der »StädtischenMusikinstrumentensammlung«, Georg
Neuner (1904-1962), genannt. In den späten 1950er-Jahren wurde in
München durch die Gründung der »Kunst und Antiquitätenmesse« eine
neue Sammlergeneration an die afrikanische Kunst herangeführt. Die
Stadt entwickelte sich zum Zentrum der afrikanischen Kunst in Bayern.
Diverse Auktionshaushäuser boten hier Werke außereuropäischer
Kunst an, neue Händler afrikanischer Kunst etablierten sich wie
der legendäre Bretschneider und die in München seit langer Zeit
Text:
David Zemanek
© Thomas Lother, Nürnberg & Volker Thomas, Nürnberg | Andreas Achmann, München | Armin Dörr, München
RAINER LINNHOFF
PULLACH
Bereits während meines Studiums der Theologie und Religions-
wissenschaft habe ich mich intensiv mit den Religionen und Afrika
auseinandergesetzt. Als ich mich in meinem späteren Berufsle-
ben mit der politischen Entwicklung in Afrika befassen muss-
te, lernte ich im Rahmen von Dienstreisen das Leben und die Kul-
turen vieler afrikanischer Völker vor Ort kennen, was mich stark
faszinierte. Um deren Gedanken und Vorstellungswelt besser zu
verstehen, die besonders in ihren Kulturen zum Ausdruck kom-
men, fing ich auch an, Masken und Figuren zu sammeln und
deren spezielle Bedeutung zu studieren. Heute konzentriere
ich mich fast ausschließlich auf den »Ere Ibeji« Kult der Yoruba.
rechts
Unbekannter Künstler, »Ere Ibeji« Zwillingsfigur der ethnischen Gruppe der
Yoruba, Nigeria, Material: Holz, H: 31, 5 cm. Provenienz: Jean Roudillon, Paris (1972),
Eduard Hess, Oberwil.
bestehende Galerie Henseler. Einen bedeutenden
Einfluss hatte die Ausstellung »Weltkulturen und
moderne Kunst« im Rahmen der Olympischen
Spiele 1972. Die von Dr. Karl-Ferdinand Schäd-
ler kuratierte Ausstellung »Götter Geister Ah-
nen« (1992) sowie die Ausstellung »Tanzania«
(1994) im Lenbachhaus waren Meilensteine und
für viele Sammler der Beginn ihrer Leidenschaft
für afrikanische Kunst. Heute gibt es zwar vie-
le Sammler afrikanischer Kunst in Bayern, der
Markt konzentriert sich aber weitestgehend auf
die Zentren Paris und Brüssel. In Deutschland hat
sich Würzburg international als Zentrum afrika-
nischer Kunst etabliert.
Im Folgenden werden einige Sammler afrikani-
scher Kunst aus Bayern porträtiert.
BOTSCHAFTER DER FREMDE