39
Einsichten und Perspektiven 3 | 16
Eng damit verbunden ist die Senatswahl, 34 der 100
Senatssitze stehen zur Wahl. Hier rechnen sich die Demo-
kraten gute Chancen aus, die 2014 verlorene Mehrheit
zurückzuholen. Zum einen haben die Republikaner mehr
zu verlieren, denn 24 der fraglichen Sitze sind derzeit in
ihrer Hand. Zum anderen haben die Senatswahlen dieselbe
Wählerschaft wie die Präsidentschaftswahlen: die Bürger
eines ganzen Bundesstaats. Es gibt keine Distrikte wie im
Repräsentantenhaus.Wenn Clinton dieWahl gewinnt, ist es
wahrscheinlich, dass auch demokratische Senatskandidaten
gewinnen. Für Clinton wäre eine klare Mehrheit im Senat
enorm nützlich, denn sie braucht dessen Zustimmung für
die Ernennung von Bundesrichtern und Ministern.
Im Repräsentantenhaus sieht es für die Demokraten
dagegen schlechter aus: Hier haben derzeit die Repu-
blikaner mit 247 von 435 Sitzen die stärkste Mehr-
heit seit Jahrzehnten. Außerdem sind viele Wahlkreise
so zugeschnitten, dass sie eine hohe Konzentration
von Wählern einer Partei aufweisen, das sogenannte
„Gerrymandering“
.
28
Nur bei einem Erdrutschsieg Clin-
tons wäre die Sogwirkung der Präsidentschaftswahl vor-
aussichtlich groß genug für eine Mehrheit der Demokra-
ten im Repräsentantenhaus.
28 Vgl.
http://wpo.st/wZ9x1[09.09.2016].
Dennoch haben einige republikanische Kandidaten für
den Senat und das Repräsentantenhaus bereits ihre Tak-
tik geändert: Sie versuchen, ihre Wahl von Trump zu ent-
koppeln, und stellen sich als politisches Gegengewicht
zu einer Präsidentin Clinton dar. Auch die republikani-
schen Bundes- und Staatsparteien leiten zunehmend Geld
in die Kongresswahlen, anstatt sie für Trumps Wahlkampf
zu verwenden. In ähnlicher Weise gaben die Republikaner
die Präsidentschaftswahl bereits 1996 faktisch verloren und
konzentrierten sich mit Erfolg auf den Kongress.
Das aktuell [Stand: Mitte September] wahrscheinlichste
Ergebnis ist ein deutlicher, aber nicht erdrutschartiger
Wahlsieg Clintons, eine Mehrheit der Demokraten im
Senat und eine Mehrheit der Republikaner im Repräsen-
tantenhaus. Damit wäre Clinton in derselben Situation wie
Obama von Anfang 2011 bis Anfang 2015 – eine Zeit, in
der Obama viele Reformen anstrebte, aber fast keine durch-
setzen konnte, denn in den USA benötigen Haushalte
und Gesetze eine Mehrheit in beiden Kammern des Kon-
gresses. Noch ist die Wahl aber nicht entschieden, auch
ein Sieg Trumps ist keinesfalls ausgeschlossen.
Der nächste Artikel dieser Serie analysiert den Wahl-
ausgang und die Reaktionen aus Europa. Diese dürften
bei einem Sieg Clintons deutlich anders ausfallen, als
wenn die Schlagzeilen am 9. November lauten: „Donald
Trump gewinnt das Weiße Haus!“
50
48
46
44
42
40
10
16
February
March
April
May
June
July
August
September
5
0
RCP POLL AVERAGE
General Election: Trump vs. Clinton
Clinton (D)
+2.7
Trump (R)
45.6
42.9
Durchschnitt der nationalen Meinungsumfragen von Beginn 2016 bis September
Quelle: RealClear Politics,
http://www.realclearpolitics.com/epolls/2016/president/us/general_election_trump_vs_clinton-5491.html[Stand 09.09.2016].
(vereinfacht nachgesetzt)