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Die Fähigkeiten, die ihr dazu benötigt, könnt ihr in der konkreten SMV-Arbeit erlernen. Dies kann in den

Klassengemeinschaften stattfinden oder auch in den Gremien der Schülervertretung. Hier entwickelt

ihr v. a. die notwendigen sozialen Kompetenzen, indem ihr

unterschiedliche Meinungen respektvoll – ohne Vorbehalte und Furcht vor sozialen Sanktionen

durch Lehrer oder Mitschüler – äußert,

ebenso achtsam mit Bedürfnissen der anderen umgeht,

anderen aktiv zuhört und auf deren Argumente eingeht,

organisatorische Fähigkeiten einbringt,

euch Urteile bildet und Entscheidungen offen vollzieht,

solche Entscheidungen auch vor anderen verantwortet,

Ideen vortragt, Bedenken und – wo nötig – Beschwerden äußert und

die Möglichkeiten repräsentativer Demokratie kennenlernt.

Das schmerzende Gefühl, nichts ändern zu können und sozusagen den bestehenden Verhältnissen in

Schule oder Gesellschaft hilflos ausgeliefert zu sein, kann so gar nicht erst entstehen.

Fachwissen über politische Sachverhalte und kompetenter Umgang damit

Dabei steht vor dem Handeln und Urteilen ganz selbstverständlich stets die Überlegung und vor der

Überlegung das Sich-vertraut-Machen mit der Sache an sich – und dies gilt natürlich nicht nur für

Schüler, sondern ebenso für Lehrer – ja für jeden Staatsbürger.

Eine tolle Idee könnte es bspw. sein, ein ökologisches Projekt an eurer Schule zu verwirklichen, z. B.

könnt ihr – natürlich unter Einbeziehung der dafür Verantwortlichen – die Stromversorgung eurer Schule

auf Ökostrom umstellen. Dann wird es sehr schnell notwendig, euch zunächst mit einigen inhaltlichen

und ethischen Fragen zu beschäftigen: Ist auch Strom aus Wasserkraft Öko-Strom oder der aus Atom-

kraftwerken, weil diese angeblich oder tatsächlich kein Kohlenstoffdioxid produzieren? Welche Ener-

gieträger betrachtet ihr überhaupt als umweltfreundlich? Bezieht ihr die Arbeitsbedingungen in der

Gewinnung von Energieträgern wie Uran oder Kohle in die ethische Bewertung mit ein? Wäre es sinn-

voll, weiterhin billigen Strom zu beziehen und von dem gesparten Geld alte Elektrogeräte durch neue,

umweltfreundlichere zu ersetzen? Wer bezahlt überhaupt den Strom für eure Schule, wer bestimmt,

von welchem Energieversorger dieser bezogen wird, welche Verträge gibt es mit diesen? Oder wäre es

nicht die umweltfreundlichste Alternative, gleich ein eigenes, kleines Solarkraftwerk auf das Dach eurer

Schulturnhalle zu stellen und so den ganz persönlichen Ausstieg aus der Atomenergie-Nutzung zu

vollziehen?

Wenn Demokratie so anstrengend ist, dann möchtet ihr doch lieber die Monarchie wiederhaben? Hof-

fentlich nicht, denn die Anstrengung lohnt sich: Schon im Erwerben der beschriebenen Sachkenntnisse

könnt ihr euer Wissen aus verschiedenen Unterrichtsfächern sinnvoll anwenden und zudem Ideen und

eigene Gedanken einbringen. Und eure Lehrer werden das nicht als Einmischung betrachten, sondern

genau daran erkennen, dass ihr euch interessiert und bei der Sache seid. Sie gestehen euch bewusst

zu, selbst Entscheidungen zu treffen und so das Schulleben wirksam mitzugestalten.

Vielleicht habt ihr ja sogar Lust, einmal über ein konkretes Beispiel wie die Stromversorgung der Schule

hinausgehend, „große Staatspolitik“ zu machen, indem ihr einen neuen Staat an eurer Schule schafft,

um demokratische Abläufe kennenzulernen und einzuüben. Solche Versuche gab es bereits an ver-

schiedenen Schulen. Meist hatten sie den Charakter eines Projekts für eine bestimmte Zeit.