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aviso 1 | 2014
DER ZAHN DER ZEIT
Colloquium
in den außertropischen Breiten einem festen Jah-
resgang, der von der tatsächlichen geografischen
Breitenlage abhängt. Wir nennen diesen: Jahres-
zeiten. Uns betreffen sie vornehmlich mit Früh-
lingsgefühlen, Herbstdepressionen, inneremDrang,
in (Sommer-)Ferien zu gehen und vorwinterliche
Einkäufe zu machen. Am meisten verbinden wir
die Jahreszeiten aber mit »der Natur«, wie dem
Wetter, das sich oft gar nicht daran hält, und den
Singvögeln, denen wir das Künden des Frühlings
(oder auch nur des Morgens – »es war die Nach-
tigall und nicht die Lerche!«) zuschreiben. Eine
zumeist diffuse, aber durchaus zutreffende Vorstel-
lung von ihrem Lebenslauf sagt uns, dass dieser
so zu sein hat: Ankunft im Brutgebiet, Wahl des
Nistplatzes, Gesang und Revier-Verteidigung
gegen die Konkurrenz, Nestbau, Bebrütung des
Geleges, Fütterung der Jungen, bis sie ausfliegen
und selbständig sind, danach Erneuerung des ram-
ponierten Gefieders, Mauser genannt, Anfuttern
von Fettvorräten als Treibstoff für den Flug ins
Winterquartier und schlussendlich kurzes Ausru-
hen in den warmen Tropen, bis es schon wieder
Zeit ist für den Frühjahrszug zurück ins Brutgebiet.
Und so fort, Jahr für Jahr, so lange das Vögelchen
lebt. Von wegen »zeitlos« also. »Frei wie ein Vogel«
verliert, so betrachtet, fast alles von der zugeschrie-
benen »Freiheit«. Auch im Tageslauf. Da heißt es
im Frühsommer nach sehr kurzer Nacht zunächst
singen aus voller Brust, dass die ganze Konkurrenz
der Umgebung weiß, dass man (= Vogelmännchen)
noch da und selbstverständlich auch jederzeit für
einen Seitensprung bereit ist, wenn die drittnächste
Nachbarin das gern hätte und schnell mal imMor-
gengrauen angeflogen kommen sollte. Kaum ist es
hell genug, die kleinen grünen Raupen im Blatt-
werk zu finden, geht das Füttern los, wenn schon
Junge im Nest sind. Futter suchen, auf Schmack-
haftigkeit testen, den Jungen verfüttern, wieder
zurück auf Suche und das hunderte Male am Tag,
weil die Kleinen scheinbar nie satt werden. Wer am
Nistkasten im Garten den Meisen zugeschaut hat,
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