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DEM INKARNAT AUF DER SPUR
VON ANTIKEN MUMIENPORTRÄTS ZU MITTELALTERLICHEN IKONEN
Text:
Esther P. Wipfler / Yvonne Schmuhl
aviso 1 | 2017
NISCHEN IM FOKUS
:
RESULTATE
DAS TAFELBILD SPIELT
in der europäischen Bildüberlie-
ferung seit der Antike eine zentrale Rolle, da es kontinuier-
lich für die Selbstdarstellung des Menschen sowie die For-
mulierung seiner Ideale genutzt worden ist. Dabei ist der
mediterrane Raum als Entstehungsort zahlreicher Hoch-
kulturen und Schauplatz von Wissenstransfer und Inno-
vation der Rahmen, den Ursprüngen und Grundlagen der
maltechnischen Entwicklung des Tafelbildes nachzugehen.
Die Erforschung des Herstellungsprozesses versetzt uns in
die Lage, seine Sprache besser zu verstehen, ohne dabei aus-
schließlich auf schriftliche Interpretationen zurückgreifen zu
müssen.
Die technische Geschichte der Tafelmalerei von der Antike
bis zum Mittelalter wird deshalb erstmalig disziplin- und
epochenübergreifend im Rahmen eines dreijährigen
Forschungsprojektes vom 1. April 2014 bis 31. März 2017
untersucht, das vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) nach der Richtlinie »Die Sprache der
Objekte – Materielle Kultur im Kontext gesellschaftlicher
Entwicklungen« finanziert wird. Die Untersuchungen
werden im Verbund von Technischer Universität
München, Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie
und Konservierungswissenschaft, Zentralinstitut für
Kunstgeschichte – Forschungsstelle Realienkunde, München,
und Doerner Institut, Bayerische Staatsgemäldesammlungen,
München, durchgeführt. Dabei ist es ein besonderes Anliegen,
die Untersuchungen zerstörungsfrei vorzunehmen, um das
einzigartige Kulturgut nicht zu schädigen. Deshalb kommen
vor allem fotografische Methoden zum Einsatz wie z. B.
Aufnahmen mit Infrarot-, UV- und Streiflicht sowie die
Mikroskopie. Wo Material bereits vorlag oder Entnahmen
möglich waren, führte dies zu neuen Erkenntnissen über
die verwendeten Pigmente und Bindemittel, bei letzteren
insbesondere bei der Maltechnik mit Wachs, die sich nun als
weitaus komplizierter darstellt als bisher vermutet. Nur durch
das Zusammenwirken der wissenschaftlichen Disziplinen
Klassische Archäologie, Kunstgeschichte, Restaurierung
und Naturwissenschaften konnten schließlich auch die
Zusammenhänge zwischen literarischen und bildlichen
Quellen sowie der Kunsttechnik verstanden werden.
DER UNTERSUCHUNGSZEITRAUM
erstreckt sich von der
römischen Kaiserzeit bis um 1250. Bislang wurden von Sei-
ten der Klassischen Archäologie und Kunstgeschichte ledig-
lich einzelne Objekte und nur bestimmte Aspekte untersucht.
Die Maltechnik spielte dabei so gut wie keine Rolle. Um die
Fülle des Materials einzuschränken, konzentriert sich das
Projekt auf das Hauptthema der Tafelmalerei: die Darstel-
lung des Menschen.