aviso 1 | 2017
NISCHEN IM FOKUS
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RESULTATE
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Dem Inkarnat, der Farbe der Haut, kommt dabei eine zentrale
Bedeutung zu. Es ist Kennzeichen der Ethnie und charak-
terisiert den Menschen in allen Lebensaltern bis in den Tod.
Seine künstlerische Darstellung gehört zu den anspruchs-
vollsten Aufgaben der Bildenden Kunst, die in den einzel-
nen Epochen immer wieder anders gelöst wurde. Die Farb
übergänge wurden fließend oder schematisch gemalt, die
Künstler nutzten opake oder transluzide Schichten, um die
Farbwirkung der Haut durch Reflexion von Licht in tieferen
Schichten zu erzeugen. Deshalb wurden für das Projekt zum
Vergleich Tafelbilder aus angrenzenden Epochen ausgewählt,
die alle die Verbildlichung des Menschen zum Gegenstand
haben, um die Veränderung der Darstellungsmodi und Mal-
techniken feststellen zu können.
DIE REIHE DER
Werke umfasst antike Tafelbilder wie
Mumienbildnisse und ein Herrscherporträt, dann spätantike,
früh- und mittelbyzantinische Ikonen sowie Werke der ita-
lienischen Tafelmalerei des frühen und hohen Mittelalters.
Grundsätzlich wird bei allen Untersuchungen gefragt: Welches
Menschenbild spricht daraus? Welche geistesgeschichtlichen
Hintergründe hat die jeweilige Darstellungsweise? Welches
Verhältnis besteht zwischen Maltechnik und Wirkung? Gibt
es Hinweise darauf, wann die Wachsmalerei im Verlauf des
Mittelalters zugunsten der Temperamalerei aufgegeben wurde?
Warum änderten sich der maltechnische Aufbau und die
Arbeitsweise der Maler? Ist bei der zumEinsatz kommenden
Maltechnik ein Technologietransfer aus der Antike erkennbar?
Ein verändertes Menschenbild konnte man aus der verscho-
benen Gewichtung der Parameter ableiten, die die Ausprä-
gungen des Inkarnats bestimmten. Während in der grie-
chisch-römischen Antike hauptsächlich die Geschlechter
durch das Inkarnat angegeben wurden, hat man in der
Nachantike vielmehr einen theologisch-moralischen Aspekt
oder eine Verortung in der himmlischen Sphäre mithilfe
eines hellen, zuweilen leuchtenden Inkarnats hervorgeho-
ben. Das Licht wird nun das bestimmende darstellerische
Element.
Spektakuläre Objekte
Bei dem in der Antikensammlung in Berlin bewahrten
sogenannten Severertondo handelt es sich um die einzige
bekannte Darstellung einer kaiserlichen Familie auf einem
Tafelbild (Abb. 1). Hier konnte eine Komplexität des Aufbaus
der Schichten bei der Temperamalerei des Inkarnats ermit-
telt werden, die sich analog zur Position der Dargestellten
in der Hierarchie der Kaiserfamilie verhält: Das Bildnis des
Kaisers Septimius Severus wurde am aufwändigsten gestaltet.
Die maltechnisch noch nie untersuchtenMumienporträts im
Martin von Wagner-Museum in Würzburg (Abb. 2; Abb. 3)
führten die Unterschiedlichkeit antiker Tafelmalerei vor
Augen. Das mit den glänzenden Wachsfarben direkt auf den
Holzträger geschaffene Frauenporträt wies einen sehr viel
stärkeren Illusionismus auf als das mit Wasserfarben gemalte
Männerporträt. Die Untersuchung weiterer Mumienpor-
träts in den Staatlichen Antikensammlungen in München
und Berlin, dem Akademischen Kunstmuseum in Bonn
sowie dem Liebieghaus in Frankfurt am Main ergab, dass
neben Enkaustik und Tempera eine weitere Technik ange-
wandt wurde, die erst noch definiert werden muss.
DIE FÜR DAS
Projekt ausgewählten Beispiele der ältesten
erhaltenen christlichen Tafelbilder imKatharinenkloster auf
dem Sinai in Ägypten (Abb. 4) und in Rom (Abb. 5) bilde-
links
Tondo mit der Darstellung des Kaisers
Septimius Severus (reg. 193-211), seiner
Frau Julia Domna und ihren Söhnen Geta und
Caracalla (Getas Gesicht wurde ausgekratzt),
zwischen 199 und 211, Tempera auf
Holz, Berlin, Altes Museum, Antikensamm-
lung (Abb. 1).
rechts
Mumienporträt einer Frau, 1. Hälfte
2. Jh., Enkaustik auf Holz, Würzburg,
Martin von Wagner-Museum (Abb. 2).
daneben
Mumienporträt eines Mannes,
2. Hälfte 2. Jh. – um 200, Tempera auf Holz,
Würzburg, Martin von Wagner-Museum
(Abb. 3).
© Roberto Bellucci, OPD