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Schule & wir
4 | 2016
SCHREIBERZIEHUNG
D
as Schreiben mit der Hand ist „in“ – auch
in Zeiten der Digitalisierung. Beim soge-
nannten „Handlettering“ zum Beispiel lernen
Erwachsene in Workshops, die eigene Schrift
besonders kunstvoll zu gestalten. „Handge-
schriebenes überdauert Jahrhunderte und
entzieht sich nicht durch technischen Wandel“,
benennt Ute Andresen, Vorsitzende des Vereins
„Allianz für die Handschrift“, einen entscheiden-
den Vorteil.
Eine flüssige, lesbare Handschrift
An den Schulen in Bayern spielt die Entwicklung
einer individuellen Handschrift weiterhin eine
große Rolle. „Wir beginnen in der Grundschule
zunächst mit der Druckschrift. Die Vermittlung der
Schreibschrift beginnt später mit Schwungübun-
gen, dann werden die einzelnen Buchstaben und
ihre Verbindungen eingeführt, bevor ganze Wörter
und Texte geschrieben werden“, erzählt Barbara Stange del Carpio, Konrektorin der Grundschule an der Alfonsstraße in München. Anna ist vomÜbergang zur Schreibschrift begeistert: „Jetzt
kann ich viel schneller schreiben als vorher und es
sieht auch noch sehr schön aus.“
Die Grundschulen in Bayern können zwischen
zwei Schreibschriften wählen – der Vereinfachten
Ausgangsschrift (VA) und der Schulausgangs-
schrift (SAS). Die Wege sind also verschieden,
das Ziel bleibt aber immer dasselbe: Die Kinder
sollen eine „gut lesbare, gleichmäßige persönli-
che Handschrift zügig und sicher schreiben“, wie
es im LehrplanPLUS formuliert ist. Je besser die Schreibbewegungen trainiert sind, desto flüssigerwerden sie. Die Schüler können dann ihre Auf-
merksamkeit besser auf den Text selbst richten,
z. B. auf seine inhaltliche Gestaltung.
Ausgangsschriften an bayerischen Schulen:
Vereinfachte Ausgangsschrift (VA):
Sie ist nah an der Druckschrift, die einzelnen
Buchstaben sind ihr sehr ähnlich. Die Schüler
können leicht von Buchstabe zu Buchstabe
springen. Diese fangen immer an der glei-
chen Stelle an und haben zwei Elemente: die
Grundform und den Abschwung am Ende des
Buchstabens.
Schulausgangsschrift (SAS):
Sie ist dreigliedrig, d. h. die Buchstaben haben
drei Bestandteile: Anstrich, Grundform und
Abschwung. Durch den Schwung soll die Verbin-
dung erleichtert werden. Hier steht der Schreib-
fluss etwas mehr im Mittelpunkt als bei der VA.
Bevor die Kinder das erreichen, muss aber noch
mehr vermittelt werden: „Dabei geht es um ganz
grundsätzliche Dinge, wie Bewegungsabläufe und
die richtige Sitz- oder Stifthaltung. Zu Beginn der
zweiten Klasse machen die Schüler zum Beispiel den
‚Füllerführerschein‘: Der Füller schreibt ganz anders
als der Bleistift. Nach einigen Übungen sind die Kin-
der dann in der Lage, gut mit dem neuen Schreibge-
rät umzugehen“, berichtet die Grundschullehrerin.
Die Handschrift
im digitalen Zeitalter
Anna gibt sich große Mühe. Wie ihre Mitschüler gestaltet sie gerade die Einla-
dung für die Weihnachtsfeier der Schule, die die Eltern bekommen. Damit sie
zu etwas Besonderem wird, verwenden die Kinder ihre schönste Handschrift.
Sorgfältig werden die Buchstaben aufs Papier geschrieben. Als Anna am Nach-
mittag ihrer Mutter stolz die Karte überreicht, bemerkt diese: „Du hast aber
eine schöne Schrift!“