POSTSKRIPTUM
DEPESCHE AUS DER VILLA CONCORDIA
FREUND STATT FREMD
IMPRESSUM
© Copyright:
Bayerisches Staatsministerium für
Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst
Salvatorstraße 2 | 80333 München
ISSN
1432-6299
Redaktion:
Toni Schmid (verantw.)
Dr. Elisabeth Donoughue
Silvia Schwaldt (Adressenverwaltung)
redaktion.aviso@stmbw.bayern.deTelefon: 089 . 21 86 22 42
Fax: 089 . 21 86 28 13
aviso erscheint viermal jährlich.
Titelbild:
Foto: Refugees in Bavaria
© Jonathan Stutz
Gestaltung:
Gisela und Walter Hämmerle
Atelier für Gestaltung | 84424 Isen
www.atelier-haemmerle.deGesamtherstellung:
Bonifatius GmbH | Druck-Buch-Verlag
Karl-Schurz-Str. 26 | 33100 Paderborn
www.bonifatius.deBAYERN
www.bayern.deDIREKT
Tel. 01801-201010
|50|
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Freund statt fremd e. V. heißt ein in Bamberg
stetig wachsender Verein, für dessen Gründung
der Anstoß von meiner ehemaligen Kommilitonin
gebracht wurde: Filiz Penzkofer. Mittlerweile lebt
und arbeitet Filiz in Berlin als Autorin. Zu Weih-
nachten habe ich ihr herrliches Kochbuch »Cook
Mal Türkisch« mehrfach verschenkt. Durch Filiz ist
mir das Türkische nicht mehr so (gaumen-)fremd.
Ich glaube, es ist wichtig, sich hin und wieder
einer Fremdheitserfahrung auszusetzen. Wäh-
rend meiner Aufenthalte in China, Russland und
den USA habe ich das intensiv erprobt. Man
kehrt demütiger heim, sieht ein bisschen mehr,
wenn man sich darauf eingelassen hat, wirklich
»fremd« zu sein, das Schweigen und die Frage-
zeichen auszuhalten, und nicht gleich beim ersten
deutschen Bräuhaus eingekehrt ist, in der Hoff-
nung, dort möge man »Deutsch« sprechen. Das
Fremde ist oft das Andere. Das sind vielbespro-
chene philosophische Gemengsel, weite Felder.
Im Künstlerhaus kommen mit jedem April neue
Fremde an und ziehen in unsere Gebäude ein,
um – ja, um im besten Falle – Freunde zu finden,
Freunde zu werden. Der Jahrgang 2016/17 be-
steht aus 6 deutschen Gästen und 6 Gästen
aus Italien. Zu dem Zeitpunkt, da ich dies tip-
pe, sind noch nicht alle Gäste von Kuratorium
und Minister bestätigt, so dass ich mich noch
etwas bedeckt halte und Sie auf unsere Web-
page verweise, wo mit den Wochen und ganz
gewiss zum 11.5., wenn wir alle Stipendiaten
in großer Runde vorstellen, die Porträtfotos von
Tobias Bohm aufscheinen werden. Diese Bilder –
zur Ankunft unserer Stipendiaten erstellt – haben
eine seltsame Kraft. Irgendwie scheinen die Por-
trätierten im Laufe ihres Aufenthaltes bei uns in
ihre Aussage hineinzuwachsen. So sind die Bilder
aviso 2 | 2016
FREMDE, IN DER FREMDE
POSTSKRIPTUM
wirklich Projektionen und die Stipendiaten wirklich
Vertreter ihrer Länder und ihrer Auffassung von
Kunst, ihres eigenen künstlerischen Ausdrucks,
den wir über die 11 Monate kennen lernen dürfen.
Geplant ist schon viel: So eröffnen wir zeitgleich
mit der Vorstellungsrunde eine Ausstellung der
norwegischen Alumna Petrine Vinje in Garten und
Haus und laden bis zum 22. Juni zum Wandeln
ein. Schon im April kommt Iris ter Schiphorst wie-
der und viel Musik erklingt bei uns am 23.4 und
zuvor mit dem Asasello Quartett am 18. sowie
19.4. Die Abende, die die neuen Stipendiaten
für uns gestalten, liegen noch im Planungsgrau,
werden aber rechtzeitig angekündigt werden.
Wie der Jahrgang der Norweger Fremdheit und
Ankommen in Bamberg empfunden hat, das
lesen und betrachten Sie am besten in unserem
frisch-gedruckten Concordi.A.-Magazin. Melden
Sie sich, wenn wir Ihnen eines senden dürfen:
presse@villa-concordia.deSie werden es gelesen haben. In Bamberg sol-
len bald 4500 Flüchtlinge untergebracht werden,
die auf Ausreise in die Balkanstaaten warten
sollen. Ich spüre, wie sich Stadt und Landkreis,
Bürgerinnen und Bürger, Freund statt fremd e. V.
und viele andere Einrichtungen intensiv bemühen,
Willkommenskultur zu pflegen, mit Anstand und
Würde die Müden, Verwirrten und auch durch
unser System Ermatteten zu umsorgen. Es gibt
dieses und es gibt Bilder von Ortschaften, in
denen Busse mit Flüchtlingskindern angegriffen
werden. Diese Bilder machen ihren Weg rund
um den Globus! Leider. Achten wir darauf, dass
Deutschland sich nicht selbst fremd wird, so
erhalten wir uns und unseren Besuchern aus der
ganzen Welt die Chance, uns kennen zu lernen
als Europäer des 21. Jahrhunderts, weltoffen und
gewandt. Essen Sie doch wieder mal Italienisch,
Indisch, Afghanisch und lesen Sie nach, woher
das Gericht stammt. Aus welcher Region, aus wel-
cher kulinarischen Tradition. Die Kochkunst kann
uns gute integrative Dienste tun. In diesem Sinne!
Ihre Nora-Eugenie Gomringer
oben
»Italia und Germania« von J. F. Overbeck.
gemeinfrei, hier von: Wikimedia | Internationales Künstlerhaus Villa Concordia