EIN PARADIES IM KAUKASUS ODER
XENOPHON HAT DOCH RECHT
DIE JÜNGSTEN AUSGRABUNGEN DER MUSEEN AM KÖNIGSPLATZ
Text:
Florian S. Knauß
FRÜHER WAR ES
noch üblich, dass große Museen
auch federführend an archäologischen Ausgra
bungen beteiligt waren. Mit Adolf Furtwäng
ler und Dieter Ohly leiteten im 20. Jahrhundert
zwei Direktoren der Glyptothek Ausgrabungen auf
Ägina, die wichtige Aufschlüsse zur Aufstellung
der »Ägineten«, der heute in der Glyptothek auf
gestellten Skulpturen des Aphaia-Tempels, lieferten.
Heute »graben« die Museen meist verborgene
Schätze in ihren Depots aus, so wie in unserem
Fall zuletzt die reichen Hinterlassenschaften der
Etrusker, die aktuell in einer Sonderausstellung
präsentiert werden. Doch in den vergangenen zehn
Jahren wurden auch wieder archäologische Ausgra
bungen unter Führung der Museen amKönigsplatz
durchgeführt. Sie hatten jedoch nicht ein zentra
les griechisches Heiligtum zum Ziel, sondern den
mächtigen Gegenspieler der Hellenen, das Perser
reich. Die griechischen Städte hatten sich zwischen
490 und 479 v. Chr. in den so genannten Perser
kriegen, in den Schlachten bei Marathon, Salamis
und Plataiai, ihre Unabhängigkeit erkämpft. Der
Freistaat Bayern, die Gerda Henkel Stiftung, die
Fritz Thyssen Stiftung sowie die Aserbaidschani
sche Akademie der Wissenschaften finanzierten die
Feldforschungen einer Gruppe deutscher, aserbai
dschanischer und georgischer Archäologen bei der
Ortschaft Karacamirli. Diese liegt imWesten Aser
baidschans, also nicht nur außerhalb der griechi
schen Oikumene, sondern auch weit entfernt von
den Zentren des Reiches der Achaimeniden in
Pasargadai, Persepolis und Susa (Abb. 1).
DOCH DORT, IM
Kaukasus, an der Peripherie des
von Kyros dem Großen um 550 v. Chr. begründe
ten Reiches, gelang es, nicht nur die bedeutendste
achaimenidische Anlage außerhalb Irans freizule
gen, sondern auch das noch immer vorherrschende
historische Bild vom Perserreich ins Wanken zu
bringen. Nach dem gängigen Vorurteil waren die
Nachfolger von Dareios demGroßen (reg. 522–486
v. Chr.) unfähige Despoten, die persische Armee
wenig schlagkräftig und der Zusammenhalt des
Reiches fragil – was man aus verschiedenen Sa-
trapenaufständen ableitete. Besonders im antiken
Athen war die antipersische Propaganda verbreitet.