Schulversuch Flexible Grundschule - Dokumentation, Ergebnisse, Emfpehlungen für die Praxis - page 28

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Individualisierung und Personalisierung
Dieses Ziel lässt sich nur über die Individua-
lisierung und Personalisierung der schulischen
Lernprozesse erreichen, darin ist sich die aktu-
elle schulpädagogische Diskussion einig. Jedem
Schüler und jeder Schülerin soll in der Schule die
Gelegenheit gegeben werden, individuell zu ler-
nen und seine bzw. ihre persönlichen Dispositio-
nen zu entfalten. Dabei darf aber nicht unberück-
sichtigt bleiben, dass erfolgreiches Lernen auch
Herausforderungen braucht, die vom Lernthema
ausgehen, von der Lehrkraft oder von älteren
Mitschülern artikuliert werden, an denen Kompe-
tenzen erworben werden können. Entscheidend
ist nicht, dass der Schüler lernt, wie er will, son-
dern, dass er Wissen und Können, Lernstrategien
und Metakognitionen erwirbt, die ihn persönlich
weiterbringen. In der Flexiblen Grundschule er-
folgt durch die Jahrgangsmischung das individu-
elle Lernen in ganz heterogenen Gruppen. Kinder
lernen voneinander und miteinander. Der soziale
Charakter des schulischen Lernens, Arbeitens,
Herstellens, Feierns und Zusammenseins wird
besonders betont. Denn Zielpunkt aller Erziehung
ist die
individual-soziale Persönlichkeit
.
Unbestritten geht es in der Schule darum, dass
der einzelne Schüler seine Individualität entwi-
ckeln kann, d.h. seine Stärken und Schwächen
kennenlernt, die Stärken stärken und die Schwä-
chen schwächen kann, Selbstvertrauen und
Selbstwertgefühl erwirbt, Könnenserfahrungen
macht, eigene Ansprüche und Rechte verteidigen
lernt, kritisch und selbstkritisch reflektiert. Im
Bildungs- und Erziehungsauftrag des Lehrplan-
PLUS Grundschule heißt es dazu:
„Schülerinnen und Schüler wollen lernen und et-
was leisten. Eine Atmosphäre der Wertschätzung
und Geborgenheit sowie die Wahrnehmung, kom-
petent zu sein und selbst etwas leisten zu können,
stärken ihr Selbstvertrauen und ihre Motivation.
Sie zeigen so persönliche Stärken, die für ihre
Persönlichkeitsentwicklung und ihr Lernen be-
deutsam sind. Die Lehrkräfte der Grundschule
nehmen diese bewusst wahr, beachten neben Er-
gebnissen auch die Leistungen, die in den Lern-
und Arbeitsprozessen erbracht werden, und un-
terstützen die Kinder beim Aufbau und der Er-
weiterung ihrer Kompetenzen. Sie ermöglichen
ihnen Erfolgserlebnisse und ermutigen sie, wei-
tere Leistungen im fachlichen, sozialen und me-
thodischen Bereich zu erbringen.“
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Grenzen der Individualisierung
Die Gefahr, dass der Einzelne sein Ich über-
bewertet, eine ichbezogene Anspruchshaltung
an den Tag legt, die vorrangige Beachtung sei-
ner Person einfordert, eine Gefahr, die auch bei
Kindern in der Grundschule erkennbar ist, ver-
langt nach Beachtung. Im Text der Bayerischen
Bildungsleitlinien heißt es: „Lernen in Interaktion,
Kooperation und Kommunikation ist der Schlüs-
sel für hohe Bildungsqualität. Zukunftsfähige Bil-
dungskonzepte stellen in institutionenübergrei-
fender Weise solche Lernformen als Grundlage
für nachhaltige Bildung heraus, die auf den Er-
kenntnissen des sozialen Konstruktivismus (Ko-
Konstruktion) beruhen und das Voneinander- und
Miteinanderlernen in den Mittelpunkt stellen.“
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Der Schulpädagoge H. Schröder äußert sich zu
der genannten Gefahr wie folgt: „So ist im Unter-
richt nicht deshalb schon alles gut, weil er indivi-
duellen Besonderheiten des Schülers entspricht.
Das Individuelle darf nicht glorifiziert werden. So-
ziales Lernen, praktizierte Mitmenschlichkeit und
Rücksichtnahme auf andere dürfen nicht zuguns-
ten der individuellen Entfaltung Einzelner geop-
fert werden.“
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Die Entfaltung der Individualität und die Aus-
prägung der Sozialität sind systematisch-anthro-
pologisch begründete Zielsetzungen. Sie ergeben
sich aus dem abendländischen Menschenbild, das
einerseits von der Personalität des Menschen aus-
geht und andererseits den Menschen als „zoon po-
litikon“, als auf die Gemeinschaft mit anderen Men-
schen angewiesenes Wesen, definiert. Die Flexible
Grundschule berücksichtigt dies durch Lernen im
Plenum, durch individuelle Lernformen und durch
kooperative Lernformen im didaktischen Verbund.
Mit kooperativen Methoden stärkt sie z.B. die in-
dividuelle Verantwortlichkeit, die sozialen Kompe-
tenzen, das partnerbezogene Kommunizieren und
die positive Abhängigkeit der Kinder voneinander
beim Erreichen eines gemeinsamen Ziels. Indivi-
duelles Lernen als selbstorganisiertes Lernen in
Lernumgebungen trägt den besonderen Potenzi-
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