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aviso 1 | 2015

DIGITALE WELTEN

COLLOQUIUM

Kiefer- und Gesichtsbereich entspricht,

können die »Cutting-guides« so gestal-

tet werden, dass eine Segmentierung und

Umformung des Transplantates möglich

wird, ummöglichst in den Defektbereich

zu passen. Der Neugestaltung des Kno-

chens sind allerdings Grenzen gesetzt, da

zu kleine Knochenanteile Gefahr laufen,

nicht mehr ausreichend durch die eben-

falls transplantierten Gefäße durchblutet

zu werden. Die Vorteile der computer-

gestützten Planung von Tumoroperatio-

nen liegen auf der Hand. Zum einen ist es

prinzipiell möglich, die Passgenauigkeit

erheblich zu verbessern, was sich letztlich

auf die Einheilungschancen sowie die

Formgebung von Transplantaten aus-

wirkt. Zum anderen versprechen präzise

dreidimensionale präoperative Planun-

gen und die Möglichkeit, diese exakt in

der Operation umzusetzen, eine erheb-

liche Zeitersparnis, was bei Operatio-

nen, die ohnehin durchschnittlich 8-10

Stunden Zeit in Anspruch nehmen, er-

freulich ist. Auch gerade jüngere Ärzte

profitieren von der Möglichkeit, die Ope-

ration imVorfeld imdreidimensionalen

Raum durchzuspielen.

Hilfe bei Fehlbildungen

Die computer-assistierte Chirurgie spielt

in der Mund-, Kiefer- und Gesichts-

chirurgie nicht nur bei der Entfernung

erkrankter Areale und der Wiederherstel-

lung durch Implantate oder körpereigene

Transplantate eine Rolle. Auch die Pla-

nung und Therapie von Fehlstellungen

des Gesichtsschädels kann durch compu-

ter-basierte Verfahren unterstützt wer-

den. Typische Krankheitsbilder sind aus-

geprägte Fehlstellungen des Ober- und

Unterkiefers, die kieferorthopädisch

alleine nicht in den Griff zu bekommen

sind und bereits angeborene Fehlbildun-

gen des Mittelgesichtskomplexes inklu-

sive Jochbeinen und Augenhöhlen sowie

Fehlbildungen des Schädels. Umdie fehl-

positionierten Gesichts- und Kieferantei-

le zu verlagern, ist es notwendig, diese

zunächst durch die künstliche Schaffung

eines Frakturspaltes (sogenannte Osteo-

tomie) von der Umgebung zu lösen und

dann in ihrer neuen Position zu fixieren,

was in der Regel durch Titanplatten und

-schrauben erfolgt. Gerade bei Kindern

und Jugendlichen sowie wenn Segmente

demAugenmaß umgesetzt werden. Gerade bei sen-

siblen Teilschritten wie der Tumorentfernung im

Bereich knöcherner Areale ist es möglich, durch

CAD-CAM-gefertigte Schneideschablonen, soge-

nannte »Cutting-guides« die vorher am Compu-

ter geplante Knochendurchtrennung präzise in die

Operation zu übertragen.

Wiederherstellung durch körpereigene

Transplantate

Solch ein Vorgehen ist auch die Voraussetzung für

einen weiteren wichtigen Teilschritt bei Tumor-

operationen. Dadurch, dass durch virtuelle Planung

und »Cutting-guides« präoperativ vorhersehbar ist,

welche Defektdimension nach der Tumorentfernung

resultieren wird, kann die Entnahme körpereigenen

Gewebes zur Wiederherstellung der veränderten

Gesichtsregion entsprechend passgenau geplant

werden. Typischerweise werden in der Mund-, Kie-

fer- und Gesichtschirurgie kombinierte körpereige-

neWeichgewebe-Knochen-Transplantate aus dem

Unterschenkelbereich (Wadenbein), dem Schulter-

blattbereich oder demBeckenbereich entnommen.

Da diese Transplantate großdimensioniert sind,

müssen sie zusammen mit ihrer Gefäßversorgung

(Arterien und Venen) transplantiert werden. Dabei

erfolgt der Anschluss meist an ortsständige Gefä-

ße der Halsregion. Zur Entnahme der knöchernen

Komponenten dienen wiederum»Cutting-guides«.

Diese Schablonen werden beispielsweise am Wa-

denbein aufgesetzt, wodurch die geplante und zuvor

festgelegte Größe entnommen werden kann. Da die

Form des entnommenen Knochens ursprünglich

nicht der Form des zu ersetzenden Knochens im

oben links

Virtuelles 3D-Modell mit Weich-

gewebe- und Knochendarstellung einer Patien-

tin mit Kiefer-Fehlstellung: Rücklage Unter-

kiefer und relative Vorlage Oberkiefer.

oben mittig und rechts

Säge-Schablonen

(weiß) zur gesteuerten Knochendurchtrennung

des Oberkiefers (mittig) und im Bereich des

Kinns (rechts).

unten links

Farbkodierte quantitative Darstel-

lung der zu erwartenden Veränderung des

Gesichtsprofils.

unten rechts

Segmentierung und virtuelle Ver-

lagerungen und Neupositionierung des

nach vorne verlagerten Unterkieferanteils

(grün), des nach hinten zu verlagerten

Oberkieferanteils (gelb) sowie der zusätzlichen

Kinnplastik (braun).