|28 |
aviso 1 | 2015
DIGITALE WELTEN
COLLOQUIUM
Kiefer- und Gesichtsbereich entspricht,
können die »Cutting-guides« so gestal-
tet werden, dass eine Segmentierung und
Umformung des Transplantates möglich
wird, ummöglichst in den Defektbereich
zu passen. Der Neugestaltung des Kno-
chens sind allerdings Grenzen gesetzt, da
zu kleine Knochenanteile Gefahr laufen,
nicht mehr ausreichend durch die eben-
falls transplantierten Gefäße durchblutet
zu werden. Die Vorteile der computer-
gestützten Planung von Tumoroperatio-
nen liegen auf der Hand. Zum einen ist es
prinzipiell möglich, die Passgenauigkeit
erheblich zu verbessern, was sich letztlich
auf die Einheilungschancen sowie die
Formgebung von Transplantaten aus-
wirkt. Zum anderen versprechen präzise
dreidimensionale präoperative Planun-
gen und die Möglichkeit, diese exakt in
der Operation umzusetzen, eine erheb-
liche Zeitersparnis, was bei Operatio-
nen, die ohnehin durchschnittlich 8-10
Stunden Zeit in Anspruch nehmen, er-
freulich ist. Auch gerade jüngere Ärzte
profitieren von der Möglichkeit, die Ope-
ration imVorfeld imdreidimensionalen
Raum durchzuspielen.
Hilfe bei Fehlbildungen
Die computer-assistierte Chirurgie spielt
in der Mund-, Kiefer- und Gesichts-
chirurgie nicht nur bei der Entfernung
erkrankter Areale und der Wiederherstel-
lung durch Implantate oder körpereigene
Transplantate eine Rolle. Auch die Pla-
nung und Therapie von Fehlstellungen
des Gesichtsschädels kann durch compu-
ter-basierte Verfahren unterstützt wer-
den. Typische Krankheitsbilder sind aus-
geprägte Fehlstellungen des Ober- und
Unterkiefers, die kieferorthopädisch
alleine nicht in den Griff zu bekommen
sind und bereits angeborene Fehlbildun-
gen des Mittelgesichtskomplexes inklu-
sive Jochbeinen und Augenhöhlen sowie
Fehlbildungen des Schädels. Umdie fehl-
positionierten Gesichts- und Kieferantei-
le zu verlagern, ist es notwendig, diese
zunächst durch die künstliche Schaffung
eines Frakturspaltes (sogenannte Osteo-
tomie) von der Umgebung zu lösen und
dann in ihrer neuen Position zu fixieren,
was in der Regel durch Titanplatten und
-schrauben erfolgt. Gerade bei Kindern
und Jugendlichen sowie wenn Segmente
demAugenmaß umgesetzt werden. Gerade bei sen-
siblen Teilschritten wie der Tumorentfernung im
Bereich knöcherner Areale ist es möglich, durch
CAD-CAM-gefertigte Schneideschablonen, soge-
nannte »Cutting-guides« die vorher am Compu-
ter geplante Knochendurchtrennung präzise in die
Operation zu übertragen.
Wiederherstellung durch körpereigene
Transplantate
Solch ein Vorgehen ist auch die Voraussetzung für
einen weiteren wichtigen Teilschritt bei Tumor-
operationen. Dadurch, dass durch virtuelle Planung
und »Cutting-guides« präoperativ vorhersehbar ist,
welche Defektdimension nach der Tumorentfernung
resultieren wird, kann die Entnahme körpereigenen
Gewebes zur Wiederherstellung der veränderten
Gesichtsregion entsprechend passgenau geplant
werden. Typischerweise werden in der Mund-, Kie-
fer- und Gesichtschirurgie kombinierte körpereige-
neWeichgewebe-Knochen-Transplantate aus dem
Unterschenkelbereich (Wadenbein), dem Schulter-
blattbereich oder demBeckenbereich entnommen.
Da diese Transplantate großdimensioniert sind,
müssen sie zusammen mit ihrer Gefäßversorgung
(Arterien und Venen) transplantiert werden. Dabei
erfolgt der Anschluss meist an ortsständige Gefä-
ße der Halsregion. Zur Entnahme der knöchernen
Komponenten dienen wiederum»Cutting-guides«.
Diese Schablonen werden beispielsweise am Wa-
denbein aufgesetzt, wodurch die geplante und zuvor
festgelegte Größe entnommen werden kann. Da die
Form des entnommenen Knochens ursprünglich
nicht der Form des zu ersetzenden Knochens im
oben links
Virtuelles 3D-Modell mit Weich-
gewebe- und Knochendarstellung einer Patien-
tin mit Kiefer-Fehlstellung: Rücklage Unter-
kiefer und relative Vorlage Oberkiefer.
oben mittig und rechts
Säge-Schablonen
(weiß) zur gesteuerten Knochendurchtrennung
des Oberkiefers (mittig) und im Bereich des
Kinns (rechts).
unten links
Farbkodierte quantitative Darstel-
lung der zu erwartenden Veränderung des
Gesichtsprofils.
unten rechts
Segmentierung und virtuelle Ver-
lagerungen und Neupositionierung des
nach vorne verlagerten Unterkieferanteils
(grün), des nach hinten zu verlagerten
Oberkieferanteils (gelb) sowie der zusätzlichen
Kinnplastik (braun).