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Einsichten und Perspektiven 4 | 17

noch deutlich sichtbar. Dennoch finden sich die Wahl-

kreise, in denen die AfD besonders stark abschnitt, eher in

der Mitte der Grafik wieder.

Aus diesem Ergebnis zu schließen, dass vor allem ehe-

malige Nichtwählerinnen und Nichtwähler die Alternative

für Deutschland gewählt hätten, hieße einen ökologischen

Fehlschluss

42

zu begehen. Aus den vorliegenden Daten

lässt sich nicht schließen, dass gerade vormalige Nicht-

wählerinnen und Nichtwähler die AfD wählten. Aber sie

zeigen, dass in Wahlkreisen, in denen die AfD tendenziell

erfolgreicher war, auch die Wahlbeteiligung stärker anstieg

und mehr Menschen zur Wahl gingen – unabhängig ihres

vorherigen Status als Wählender oder Nichtwählender.

Nimmt man die Daten zur Wählerwanderung führen-

der Meinungsforschungsinstitute hinzu, legen diese darü-

ber hinaus nahe, dass die AfD tatsächlich besonders von

der gestiegenen Partizipation profitiert hat. Laut Infratest

dimap machten die Nichtwählerinnen und Nichtwähler

etwa 25 Prozent des AfD-Elektorates aus. Die Zahl zeigt

aber auch, dass der Großteil der Stimmen von anderen

Parteien kam. Beispielsweise gaben mehr als eine Million

Menschen, die 2013 noch die Unionsparteien wählten, im

September 2017 der AfD ihre Stimme.

43

42 Ökologischer Fehlschluss bezeichnet den fehlerhaften Schluss von Aggre-

gatdaten, die Merkmale eines Kollektivs abbilden, auf Individualdaten.

43 Vgl. P. Blicke et al.: Merkel-Enttäuschte und Nichtwähler machen die AfD

stark, http://

​www.zeit.de​

/​politik/​deutschland/​2017-09/​wahlverhalten-bun-

destagswahl-wahlbeteiligung-waehlerwanderung [Stand: 02.11.2017].

Zum Teil werden hier beide von Immerzeel und Pickup

vorgeschlagenen Erklärungsmuster gegriffen haben. Das

Thema Sicherheit und Migration war besonders in den

letzten Wochen des Wahlkampfs und imTV-Duell salient

44

und könnte vormals Enttäuschte zurück zur Wahl gebracht

haben. Andererseits gewannen auch die anderen Parteien

mehr Stimmen aus dem Nichtwahllager zurück, als sie an

dieses Lager verloren geben mussten.

45

Eine Mobilisierung

aufgrund der Ablehnung der AfD ist hier also ebenfalls

denkbar. Bei der Bundestagswahl 2017 scheint es aber tat-

sächlich einen mobilisierenden Effekt durch die AfD gege-

ben zu haben. Genauer werden dies Individualanalysen

untersuchen müssen, deren Daten zu diesem frühen Zeit-

punkt nach der Wahl noch nicht vorliegen.

Dauerhafte Institutionalisierung?

Konkrete Wahlergebnisse und Mandatsvergabe stellen

jedoch nur zwei nachgelagerte Aspekte der Institutiona-

lisierung neuer Parteien in nationalen Parteiensystemen

dar.

46

Möchte man die Frage beantworten, ob es einer

neuen Partei gelingen kann, sich dauerhaft im Parteien-

system zu verankern, so lohnt der Blick auf die Phase vor

ihrer Gründung: Wie gestaltete sich die Genese der Par-

44 Vgl. Dinter/Weissenbach (wie Anm. 15).

45 Vgl. Blicke (wie Anm. 41).

46 Vgl. Robert Harmel/Lars Svåsand/Hilmar L. Mjelde: Institutionalisation

and De-Institutionalisation of Right-wing Protest Parties: The Progress

Parties in Denmark and Norway, Colchester 2017.

Wahlnachlese 2017

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage der Daten des Bundeswahlleiters

Vergleich von Wahlbeteiligung und AfD-Ergebnissen bei der Bundestagswahl 2017

(absolut und im Vergleich zur Bundestagswahl 2013)