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Einsichten und Perspektiven 4 | 17
diese Parteien dann, wenn sie Positionen einnehmen, die
andere Parteien vernachlässigen.
35
So sind bspw. bishe-
rige Nichtwählerinnen und Nichtwähler besonders häufig
niedriger gebildet, einkommensschwach und erwerbslos
oder in prekären Arbeitsverhältnissen zu finden.
36
For-
schung zur Bundestagswahl 2013 hat gezeigt, dass Parteien
in den Stadtvierteln ihre Aktivitäten, in denen besonders
viele Nichtwählerinnen und Nichtwähler wohnen, deut-
lich zurückfahren und in beteiligungsstärkeren Gegenden
auch öfter Wahlkampf machen.
37
Wählerinnen und Wäh-
ler reagieren auf dieses Angebotsdefizit und wählen dann
die Partei, die ihnen räumlich wie auch inhaltlich näher ist.
Somit können rechtspopulistische Parteien nicht nur „Pro-
testwählerinnen und -Wähler“ mobilisieren, sondern auch
zusätzliche Bürgerinnen und Bürger, die vormals in der
Parteienlandschaft keine Heimat gefunden hatten. Durch
ihre extreme Programmatik sorgen Parteien an den politi-
schen Rändern außerdem dafür, dass der Wettbewerb um
die Wahl als polarisierter wahrgenommen wird, was den
Wahlberechtigten suggeriert, dass nun mehr auf dem Spiel
steht.
38
Andererseits führen häufige Skandale und schärfer
geführter Wahlkampf zu einer Verbreitung eines negativen
Bilds von Politikerinnen, Politikern und Parteien. Bürgerin-
nen und Bürger bekommen das Gefühl, die Politik würde
sie nicht mehr ausreichend vertreten und keine Probleme
mehr lösen können. Sie wenden sich folglich von der Politik
ab und bleiben bei Wahlen häufiger zuhause.
39
Diese beiden möglichen Erklärungen können jedoch
auch zeitgleich auftreten, sodass sich beide Effekte gegen-
seitig abschwächen oder ausgleichen. Wie der erste Bei-
trag dieser Serie gezeigt hat, ist bei der bisherigen For-
schung über rechtspopulistische Parteien in ganz Europa
kein eindeutiges Muster zu erkennen. Betrachtet man die
fünf bereits angesprochenen Wahlkreise, die besonders
hohe AfD-Ergebnisse bei der Bundestagswahl 2017 auf-
weisen, fällt auf, dass diese nicht gleichzeitig, besonders
35 Vgl. Chantal Mouffe: The ‚End of Politics‘ and the Challenge of Right-wing
Populism, in: Francisco Panizza (Hg.): Populism and the mirror of demo-
cracy, London 2005, S. 50–71.
36 Vgl. Michael Kaeding/Stefan Haußner/Morten Pieper: Nichtwähler in Eu-
ropa, Deutschland und Nordrhein-Westfalen. Ursachen und Konsequen-
zen sinkender Wahlbeteiligung, Wiesbaden 2016.
37 Vgl. Sigrid Roßteutscher/Armin Schäfer: Asymmetrische Mobilisierung.
Wahlkampf und ungleiche Wahlbeteiligung, in: Politische Vierteljahres-
schrift 57, 3/2016, S. 455–483, hier S. 466.
38 Vgl. Tim Immerzeel/Mark Pickup: Populist radical right parties mobilizing
‘the people’? The role of populist radical right success in voter turnout, in:
Electoral Studies 40/2015, S. 347–360, hier S. 353.
39 Vgl. ebd., S. 349.
hohe Beteiligungsquoten verzeichnen (siehe Tabelle 1). In
vier von fünf Wahlkreisen liegt die Wahlbeteiligung sogar
niedriger als die bundesweite Wahlbeteiligung.
Die Abbildung auf Seite
61 zeigt die Zusammenhänge
von Wahlbeteiligung und AfD-Ergebnissen in allen 299
Wahlkreisen. Auf der linken Seite der Abbildung ist auf
der x-Achse die Wahlbeteiligung und auf der y-Achse
das Wahlergebnis der AfD abgetragen. Auf der rechten
Seite sind jeweils die Veränderung der Wahlbeteiligung
(x-Achse) und die Veränderung des AfD-Ergebnisses
(y-Achse) seit 2013 verzeichnet.
Auf der linken Seite erkennt man einen Zusammen-
hang, den es bei der Bundestagswahl 2013 und der Euro-
pawahl 2014 in ähnlicher Weise gegeben hat:
40
Je höher
die Wahlbeteiligung in den Wahlkreisen ausfällt, desto
niedriger ist tendenziell das Wahlergebnis der AfD. Dies ist
insofern nicht weiter verwunderlich, da sozioökonomisch
stärker aufgestellte Gegenden meist eine höhere Wahlbe-
teiligung, aber demgegenüber eine niedrigere Unterstüt-
zung für extreme Parteien aufweisen.
41
Interessanter ist der
Zusammenhang auf der rechten Seite der Abbildung. Je
stärker die Wahlbeteiligung gestiegen ist, desto erfolgrei-
cher war auch die AfD im Vergleich zur Wahl 2013. Zwar
ist der Zusammenhang nicht übermäßig groß, aber den-
40 Vgl. Haußner (wie Anm. 28), S. 13.
41 Vgl. Armin Schäfer: Der Verlust politischer Gleichheit. Warum die sinken-
de Wahlbeteiligung der Demokratie schadet, Frankfurt [u.a.] 2015; vgl.
Kaeding/Haußner/Pieper (wie Anm. 36).
Tabelle 1: Übersicht über Wahlbeteiligung und AfD-
Ergebnis in den Wahlkreisen mit hohem AfD-Zweit-
stimmenanteil
Wahlkreis
Wahlbeteiligung AfD-Ergebnis
Görlitz
73,35
32,89
Mittelsachsen
74,74
31,25
Bautzen I
75,37
32,76
Meißen
76,04
32,88
Sächsische Schweiz-
Osterzgebirge
77,20
35,46
Bundesergebnis
76,15
12,64
Quelle: Eigene Zusammenstellung auf Grundlage der Daten des Bundes-
wahlleiters
Wahlnachlese 2017