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Was bleibt?

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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 15

Im Mitfühlen wird Begreifen erst möglich

Matthias Bauer

Es war so erzählt, dass sich vor meinen Augen ein dramatischer Film abspielte, ich habe nicht

nur mitgefühlt – sofern man so etwas überhaupt fühlen kann, ohne dabei zu sein – ich habe

es vor meinen Augen gesehen.

Rowena Köhler

Ich habe meinen Eltern von den Interviews zuerst erzählt, dass ich sehr berührt war und dass

sie sich nicht vorstellen können, wie es war, diesen Menschen gegenüberzusitzen und diese

unglaublichen Geschichten zu hören.

Myrjam Willberg

Als ich meine Eltern nach dem ersten Tag mit den Interviewpartnern angerufen habe, wusste

ich nicht, was genau ich sagen sollte. Ich war von den Gesprächen dermaßen schockiert,

davon, dass Menschen so mit anderen Menschen umgehen können, dass für mich gar nicht

die Möglichkeit bestand, mit jemandem darüber zu sprechen.

Jonas Röder

Das Erlebte der Interviewpartner muss erstmal zu einem durchdringen: Man muss erst ein-

mal einige Tage darüber nachdenken, bevor man es wirklich begreifen kann, dass dieser

Mensch, mit dem man gerade spricht, die unmenschlichen Grausamkeiten der Nazis über-

lebt hat.

Aus Einzelschicksalen lernen

Sandra Lörentz

Ich habe viele positive Erfahrungen gemacht, von denen ich wahrscheinlich noch meinen

Enkeln erzählen werde. Die Geschichten, die wir erzählt bekamen, haben mich viel über das

Leben an sich nachdenken lassen. Die Interviews waren alle äußerst interessant, sie waren

„Geschichte zum Anfassen“, so ganz anders als die Texte in unseren Schulbüchern. Aller-

dings sollte man wissen, worauf man sich einlässt. Dass das Ganze keine Unterhaltungsfahrt

ist, sondern dass man eventuell Horrorgeschichten aus Auschwitz zu hören bekommt. Man

sollte ein gewisses Maß an mentaler Stärke mitbringen, um das verarbeiten zu können.

Quoc Khang Phan

Die Interviews haben mir sehr geholfen, einen anderen Blickwinkel auf das damalige Leben

der Juden zu entwickeln – einen, der in den Schulbüchern in diesem Umfang nirgends zu

finden ist.

Annika Schmidt

Ich lernte Menschen kennen, die nur so vor Leben sprudeln, die Erlebtes mit Humor sehen

können und Scherze über ihr Alter machen – ganz unverkrampft. Und die mir dann direkt

erzählten, was ihnen widerfahren ist. Sie beschreiben einen Hunger, wie ich ihn mir gar

nicht vorzustellen vermag. Niemand kann diese dunkle Passage unserer Vergangenheit ver-

stehen, wenn er keine Einzelschicksale kennt. Denn es sind immer die Einzelschicksale, die

das Geschehene greifbar machen.

Bianca Roth

Es ist nicht so, als würde man zum x-ten Mal etwas über den Holocaust lesen, es ist, als

würde man Teil der Geschichte sein. Alles, was man sonst liest, sind einfach nur Zahlen und

man kann sich nicht vorstellen, was die einzelnen Menschen erlebt bzw. gefühlt haben. Das

sind keine sachlichen Fakten, die in ein Geschichtsbuch gehören, sondern Lebensgeschich-

ten und Einzelschicksale, die Menschen unter die Haut gehen, interessieren und bewegen.