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Die Interviews

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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 15

was macht man mir, was soll man mit mir schon machen,

gar nichts. Gar nichts tut man mir.“ 1942 hat man ihn in

ein Lager verschleppt und dann nach Theresienstadt. Und

in Theresienstadt war er eine Woche und dann ist er dort im

Bett gestorben. Er ist nicht gequält worden, sondern er ist

eines natürlichen Todes gestorben. Wenigstens das.

Leben möchte ich dort nicht

Lea Jacobstamm war nach dem Krieg noch einige Male zu

Besuch in Deutschland, das letzte Mal nach der Wiederver-

einigung.

1990 war ich noch ein letztes Mal in Trier. Es gibt viele,

die wieder ausgewandert sind nach Deutschland, aber wir

wollten nicht zurück. Deutschland ist ein wunderschönes

Land, Gott, ist das schön, der Schwarzwald ist so was von

herrlich, ein herrliches Land. Wir waren jedes Mal schwer

begeistert und die Leute waren so nett zu uns. Ich bin sehr

gerne dort zu Besuch, aber leben möchte ich dort nicht.

Lea Jacobstamm mit dem Schülerteam

Foto: Christian Oberlander

Protokoll: Sandra Lörentz, Rafael Schütz, Leonie Weißweiler

Das Ehepaar Schütz: Warum erinnern?

Gabriel Schütz wurde 1924 in Breslau im heutigen Polen

geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Deutschland, war

jedoch 1938 gezwungen, mit seiner Familie Deutschland zu

verlassen, und kam schließlich nach Israel, wo er 1947 seine

spätere Frau kennenlernte. Sie, geboren 1930 in Frankfurt

am Main, kam bereits als Neunjährige nach Israel. Nach

ihrem Schulabschluss arbeitet sie als Schneiderin. Sie heirate-

ten und bekamen zwei Kinder. Heute leben die Kinder und

Enkelkinder wieder in Deutschland in Heidelberg, das Ehe-

paar Schütz in Tel Aviv.

Die Kindheit in Deutschland

Meine Kindheit habe ich in Deutschland verbracht. Trotz

der hohen Gefahr, die von den Nationalsozialisten, aufgrund

unseres jüdischen Glaubens, ausging, pflegte meine Familie

eine sehr enge Freundschaft zu einer nationalsozialistisch

geprägten Familie. Das Oberhaupt dieser Familie, der Vater,

war ein NS-Offizier in einer hohen Position. Die Kinder

waren, so wie es zur damaligen Zeit üblich war, Mitglieder

der HJ. Das alles hat unsere Familien aber nicht davon

abgehalten, uns gegenseitig zu helfen und zu unterstützen.

1938 waren wir jedoch gezwungen, aufgrund der wach-

senden Gefahr für die deutschen Juden Deutschland zu

verlassen. Nach unserer misslungenen Flucht nach Polen

kamen meine Familie und ich über Umwege nach Israel.

Hier habe ich in 1947 meine Frau, die 1930 in Frankfurt

am Main geboren ist, zum ersten Mal gesehen. Die Kind-

heit meiner Frau verlief meiner ähnlich, jedoch mit dem

Unterschied, dass ihre mehr von negativen Ereignissen

durch den Nationalsozialismus geprägt war.

Meine Frau kam mit neun Jahren nach Israel und begann

den Besuch einer Volksschule. Nach ihrem Abschluss hat sie

als Schneiderin gearbeitet. Nachdem wir geheiratet haben,

habe ich bei den ersten Aufbauarbeiten unseres Staates Israel

mitgeholfen, während meine Frau zu Hause blieb und mit

der Erziehung unserer beiden Kinder beschäftigt war. Sie hat

Frau Schütz im Gespräch

Foto: Anja Schoeller